Nach der erfolgreichen und sehr spannenden Erkundung der Nationalparks rund um Darwin und Katherine, machten sich Michael und ich nun weiter auf nach Westen. Unser nächstes Ziel dabei lautete Kununurra.
Die Fahrt dorthin war genau wie die Stadt eigentlich nicht weiter erwähnenswert. Erstaunlich fand ich jedoch die große Anzahl an jungen Rucksacktouristen aus aller Herren Länder, die sich in Kununurra aufhielten. Anfangs konnte ich mir keinen Reim darauf machen, aber dann wurde ich von einem von ihnen aufgeklärt. Da in der Region sehr intensive Landwirtschaft betrieben wird, braucht man natürlich auch alle helfenden Hände. So erklären sich dann auch die vielen jungen Leute, die dort auch ganz gut verdienen.
Und auch in unserem Hostel fand sich ein bunter Mix aus einer Vielzahl an Nationen. Da wir an einem Wochenende dort waren und eine junge Britin just an diesem Tag Geburtstag hatte, war innerhalb kürzester Zeit eine kleine Party im Gange. Und das im doppelten Wortsinn, denn die fand genau vor unserem Zimmer statt. An Schlaf war so nicht mehr zu denken, also feierten wir einfach mit.
Auf diese Art lernten wir dann kurze Zeit später auch das „Nachtleben“ der Stadt kennen, da irgendwer irgendwann beschloss, wir müssten jetzt die örtliche Disko besuchen. Gesagt, getan. Da Diskos vermutlich weltweit ähnlich funktionieren, hatten wir keinerlei Anpassungsschwierigkeiten. Die Musik war laut, die Drinks recht teuer und die Security unerbittlich. Irgendwann nach Mitternacht seilten sich Michael und ich dann wieder vorsichtig ab.
Allerdings hatte diese Party auch Einfluss auf unseren nächsten Tag – im positiven Sinne. Einer der Partygäste hatte uns nämlich vom Schluchtensystem El Questro im gleichnamigen, (größtenteils) privaten Wilderness Park erzählt. Die meisten der wanderbaren Schluchten sind zwar nur mittels allradgetriebenen Fahrzeugen zu erreichen (über das wir leider nicht verfügten), aber einige eben auch für „normale“ Autos.
Also stiegen wir am nächsten Morgen in unser Auto und fuhren Richtung El Questro. Zwei Schluchten hatten wir uns vorgenommen: Amalia Gorge und Emma Gorge. Und die arbeiteten wir dann auch brav alphabetisch ab. Amalia Gorge stellte sich als recht einfach zu begehender Trail mit einer kleinen Klettereinlage im Mittelteil heraus. Die Schlucht war relativ breit und nicht sonderlich hoch, aber trotzdem hatte das Wasser über die Zeit einige schöne Formationen aus dem Fels gewaschen. Am Ende der Schlucht hatten wir Glück, denn es war noch genügend Wasser für eine Schwimmpause im Wasserloch vorhanden. Danach ging es den gleichen Weg wieder zurück.
Die Sonne stand jetzt schon hoch am Himmel und machte uns doch etwas zu schaffen, da es sehr warm war. Trotzdem fuhren wir noch zur Emma Gorge. Diese ist deutlich enger und auch höher, was eindrucksvoller wirkt. Auch hier war der Pfad gut ausgetreten und überwiegend leicht zu gehen. Auch hier gab es eine kleinere Kraxeleinlage, die aber eigentlich nicht der Rede wert war. Und auch hier wartete am Ende ein gut gefülltes Wasserloch auf uns. Diesmal verzichteten wir allerdings auf eine Schwimmeinlage.
Zurück am Auto fuhren wir nun unserem eigentlichen Tagesziel entgegen – dem Caravan Park am Purnululu National Park. Von dort wollte ich am nächsten Tag an einer geführten Tour durch die Hauptattraktion des Purnululu Nationalparks teilnehmen – die Bungle Bungle Range.
Diese weltweit einzigartige Felsformation von bienenstockähnlich geformten Sandsteinfelsen lässt sich ebenfalls nur per Allradauto erreichen, so dass die Tourteilnahme nötig wurde. Michael entschied sich gegen die Tour, aber ich fand mich zur Startzeit am Tourbus ein. Niemand wollte den Beifahrersitz, so dass ich freudig darauf Platz nahm und so einen schönen Ausblick auf die Landschaft genießen konnte.
Für „Radar“, wie unser Tourguide mit Spitznamen hieß, war es in diesem Jahr die erste Tour. Er war ganz gespannt auf den Zustand der Straße, die mich schon nach wenigen Metern erkennen ließ, warum man den Versuch, die Bungle Bungles auch mit einem Auto ohne Allradantrieb zu erreichen, tunlichst unterlassen sollte. Alle im Bus wurden ganz ordentlich durchgeschüttelt. Radar schien allerdings etwas enttäuscht, da es nur wenige Flussdurchquerungen gab, die noch Wasser führten.
Die ruppige Fahrt führte dazu, dass bei unserem Stop am Nationalparkzentrum gleich drei Leute Bedarf am Beifahrersitz anmeldeten, da ihnen schlecht geworden war. Während die drei um den einen Sitz knobelten, wicht ich auf einen der hinteren Sitze aus. Das hatte aber auch Vorteile, da hier die Klimaanlage deutlich effektiver arbeitete.
Nachdem wir kurz das winzige Nationalparkzentrum erkundet hatten, erhielten wir von Radar eine Einführung in den Tag und fuhren dann zur eigentlichen Bungle Bungle Formation. Diese besteht aus hunderten der bereits angesprochenen Sandsteinfelsen, von denen die Erosion über die Zeit eine Vielzahl bienenkorbartig geformt hat. Ein großartiger Anblick!
Doch mein eigentliches Ziel war vor allem Cathedral Gorge. Diese enge Schlucht endet in einer halbkreisförmigen, überhängenden Felsformation (siehe Beitragbild). Ironischerweise hatte ich von ihr erstmalig während meiner Wanderung auf Stewart Island in Neuseeland erfahren, als ich in einer dortigen Hütte ein Bild der Schlucht in einer alten Ausgabe der Zeitschrift National Geographic fand.
Die Ruhe und Erhabenheit, die dieses Bild ausgestrahlt hatte, wollte ich nun auch aus der Nähe erleben. Die Idee war, dort einige Zeit alleine zu sein, doch als wir auf den Parkplatz einbogen, schwand meine Hoffnung darauf rapide, denn dort parkten schon eine ganze Reihe Autos. Trotzdem versuchte ich mein Glück und begab mich schnurstracks in Richtung Cathedral Gorge, während die anderen Teilnehmer der Tour erst einmal ein kleines Picknick einlegten.
Meine Hoffnung stieg ein wenig, als ich trotz der vielen Autos unterwegs niemanden antraf. Auch, als ich in die Schlucht einbog, begegnete ich niemandem. Mit jedem Schritt wurde die Hoffnung größer und erfüllte sich schließlich, als ich letztlich vor dem Ende der Schlucht stand – niemand da.
Vollkommen gebannt vom Anblick des gewaltigen Felsmassivs setzte ich mich ganz vorsichtig an den Rand des kleinen, von der Regenzeit verbliebenen Tümpels und genoß. Ganze 20 Minuten hatte ich Cathedral Gorge für mich alleine, bevor eine weitere Wanderin eintraf. Auch sie setzte sich ganz fasziniert an eine andere Stelle. Vollkommen still und Ehrfurcht gebietend erstreckte sich das Halbrund vor uns. Einzig der immer gleiche Vogel kreiste einsam über uns.
Irgendwann trafen dann nach und nach weitere Wanderer ein und fast zwangsläufig begannen dann auch Gespräche. Auch wenn jeder von der Magie des Ortes gefangen war, so sorgte alleine die Physik des halbrunden Gewölbes dafür, dass es mit der Ruhe nun vorbei war. Trotzdem war ich sehr glücklich, dass ich ihn alleine und in aller Stille hatte genießen dürfen. Allein dafür hatte sich der Weg hierher bereits gelohnt.
Da hier nun aber fast schon geschäftiges Treiben herrschte, machte ich mit wieder auf den Weg, um noch andere Teile des Gebietes zu erkunden. Immerhin sollte es nicht weit entfernt ja auch einen Aussichtspunkt geben. Ich fand ihn ohne Mühe. Der Ausblick war zwar schön, aber blickte aber eher auf offenes Gelände und Bungles (wie die Sandsteinbienenkörbe genannt werden) in der Ferne. Aber auch hier war ich alleine, was ich für den Moment sehr genoß.
Zurück am Bus hatte Radar schon das Mittagsbuffet vorbereitet. Ich war der letzte, der wieder eintraf, doch ich hatte das Gefühl, die Umgebung gut erkundet zu haben. Auf dem Weg zur Cathedral Gorge und zum Aussichtspunkt kam man an vielen der Bungles vorbei, so dass man sich diese intensiv anschauen konnte. Der rote Sandstein und der blaue Himmel ergaben schöne Eindrücke.
Nach der Mittagspause stiegen wir alle wieder in den Bus und stöhnten erfreut auf, als die Klimaanlage ansprang. Weiter ging es Richtung Echidna Chasm, einer weiteren Schlucht im Nationalpark. Aufgrund der Straße genannten Buckelpiste dauerte die Fahrt länger, als man für die Entfernung annehmen würde. Dort angekommen, sprang ich als Erster aus dem Bus, um nach Möglichkeit zumindest eine Zeitlang wieder alleine in der Schlucht zu sein.
Klappte hervorragend. Die Schlucht ist extrem eng, so dass man zeitweise fast beide Seiten mit den Schultern berührt. Gleichzeitig ist sie auch sehr hoch, so dass sich ein sehr abenteuerliches Gefühl einstellt. Fast hat man den Eindruck, man wage sich in unerforschtes Land vor.
Das Ende der Schlucht ist allerdings deutlich unspektakulärer als bei Cathedral Gorge – die Schlucht endet einfach. Doch auch hier lassen sich Überraschungen finden. In meinem Fall ein intensiv grüner Frosch, der sich offenbar vor der Hitze hierher zurückgezogen hatte. Geduldig ließ er meine vielen Fotoversuche über sich ergehen.
Dann war es auch schon wieder Zeit, zum Bus zurückzukehren und die Fahrt zurück zum Caravan Park anzutreten. Dort wartete bereits das Abendessen auf uns, das Teil der Tour war. Bevor ich mich dazusetze, machte ich allerdings noch einen Abstecher auf einen nahen Hügel und sah mir in aller Ruhe den Sonnenuntergang an.
Zurück im Caravan Park saßen wir Tourteilnehmer dann unter dem australischen Sternenzelt am Lagerfeuer, labten uns am sättigenden Abendessen und werteten den Tag aus. Und der war wirklich sehr gut gewesen. Entsprechend zufrieden kroch ich in meinen Schlafsack, über dem immer noch die Sterne schimmerten.
Da ich somit am nächsten Tag immer wieder an die tollen Bilder aus dem Purnululu National Park zurückdenken konnte, ließen sich auch die sich recht zäh anfühlenden 800 km bis Broome aushalten. Was ich da noch nicht wusste: Die Stadt sollte einen ganz besonderen Aufreger für mich bereithalten. Doch davon mehr im nächsten Beitrag.
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