Abendstimmung auf dem Historical Way der Rota Vicentina
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Die Rota Vicentina in Portugal – der Historical Way

gepostet in Geschichten, Südeuropa 1

Langsam wurde es mal wieder Zeit für eine ausgedehnte Wanderung. Da es in die Wärme gehen sollte, fiel unsere Wahl auf den Wanderweg Rota Vicentina im Süden Portugals. Dieser Wanderweg besteht aus zwei Teilen: dem ca. 220km langen, inländisch gelegenen „Historical Way“ und den 75 km des an der Küste verlaufenden „Fishermans Trail“. Da wir mit 16 Tagen genug Zeit für beide haben, beschließen wir, zuerst den Historical Way der Rota Vicentina von Nord nach Süd zu laufen, um anschließend den Fishermans Trail in die Gegenrichtung zu erkunden. (Den Bericht zum Fishermans gibt es unter diesem Link.)

Von Lissabon aus geht es mit dem Bus weiter zum Startort Santiago de Cacem. Als wir den malerischen kleinen Ort erreichen, ist der Tag bereits weit fortgeschritten. Also stiefelen wir schnurstracks den kurzen Weg in Richtung der Festungsanlage den Berg hinauf, wo sich der offizielle Beginn der Rota Vicentina befindet. Nach einer kurzen Erkundung der Anlage (leider nur von außen) und dem Genuss des weiten Blickes wandern wir endlich wieder!

Wir folgen bei perfektem Sonnenschein den weiß-roten Markierungen hinaus aus dem Ort. Der Weg führt dabei auf und ab vorbei an vielen Korkeichen, die häufig deutliche Zeichen der letzten „Ernte“ tragen. Als wir schließlich eine kleine Hochebene erreichen, steht die Sonne schon sehr tief. Zeit für unser Nachtlager! Da weit und breit keine Wolken in Sicht sind, beschließen wir, auf ein Dach über dem Kopf zu verzichten. Dieses „Cowboy-Camping“ erlaubt uns so den ungestörten Genuss des beeindruckenden Sternenhimmels – grandios.

Nicht ganz so grandios verläuft allerdings die Nacht. Denn erstens wird es mit unter 10 Grad Celsius deutlich kühler als erwartet und zweitens führen der starke Temperaturabfall und die feuchte Atlantikluft zu heftigem Kondens, so das wir am nächsten Morgen in nassen Schlafsäcken erwachen. Immerhin führt das zu einem schnellen Aufbruch und die zügig steigenden Temperaturen auch wieder zu wärmeren Gliedern.

Und so wandern wir wieder den außerordentlich gut markierten Weg entlang. Fast immer ist dieser so breit, dass man zu zweit nebeneinander gehen kann. Verläuft er anfänglich noch durch lockere Korkeichenwälder, so werden diese im weiteren Verlauf immer stärker von Eukalyptusbäumen mit ihrem intensiven Duft abgelöst. Doch man merkt der Landschaft auch deutlich an, dass wir zu einer ziemlich trockenen Zeit unterwegs sind. Gräser und andere niedrige Gewächse sind größtenteils schon stark vertrocknet und auch der Weg selbst war extrem staubig. Umso mehr freuen wir uns über den künstlichen Stausee kurz vor Cercal do Alentejo, den wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

Da die Rota Vicentina so konzipiert ist, dass sie mindestens einmal pro Tag eine Ortschaft durchquert, beschließen wir, für die nächste Nacht auf ein Hotel zurückzugreifen. Sehr untypisch für uns, aber sehr erfreulich für unsere Haut. Wird sie doch unter der Dusche von einer nicht unerheblichen Staubschicht befreit. In der darauffolgenden Nacht probieren wir es noch einmal mit dem Schlafen unter dem Sternenhimmel. Aber die fehlenden Waschmöglichkeiten aufgrund der vielen ausgetrockneten Wasserläufe unterwegs und das viele Kondenswasser machen uns dann doch so sehr zu schaffen, dass wir in der Folge alle Nächte in kleinen Pensionen verbringen.

Der Weg bleibt seinem Charakter auch in der Folge treu. Auf breiten und staubigen Wegen geht es durch eine trockene Landschaft, in der sich Wald und offeneres Gelände immer wieder abwechseln. Erfreulicherweise stoßen wir dann aber ab und zu doch noch auf Wasserläufe! Und mit dem Pego das Pias nahe Odemira ist darunter sogar ein richtig kleines Juwel. Ein kleiner Bach weitet sich in einem versteckten Tal zu einem kleinen See, umgeben von einer imposanten Felsenkulisse. Hier machen wir ausgiebig Pause und genießen bei heißen Temperaturen ein erfrischend kühles Bad.

Doch auch die kleinen Örtchen entlang des Weges versprühen Charme. Mit ihren weiß getünchten Häusern, deren Fenster und Türen häufig mit einem himmlischen Blau eingefasst sind, vermitteln sie mediterrane Lebenslust. Erstaunlich auch, dass sich selbst in den winzigsten Siedlungen noch kleine Läden finden lassen, in denen wir unsere Lebensmittelvorräte immer wieder auffrischen können. So bleiben unsere Rucksäcke leicht und wir können uns gleichzeitig durch das portugiesische Angebot testen.

In Odeceixe haben wir ungefähr die Hälfte des Historical Way auf der Rota Vicentina bereits erwandert. Bis hierher haben wir nur einen einzigen anderen Wanderer getroffen. Doch das ändert sich nun, da der kleine Ort auch als südliches Ende des Fisherman Trails fungiert. Und so treffen wir in der Folge eine ganze Reihe Wanderer, die ihre Wanderung nun auf dem Historical Way Richtung Süden fortsetzen. Ziel ist auch bei ihnen der südwestlichste Punkt Portugals – das Cabo de Sao Vicente, offizielles Ende des Historical Way und der gesamten Rota Vicentina.

Landschaftlich ähnelt die zweite Hälfte jedoch stark der ersten und schlägt uns damit etwas aufs Gemüt. Bei all den staubigen Wegen ist es schon eine Erwähnung wert, dass man zwischen Odeceixe und Ajezur ca. 10 km an einem künstlichen Bewässerungskanal entlang wandert. Immerhin bietet er einem die Möglichkeit, bei einer Pause die Beine in das kühle Nass zu halten.

Doch letztlich kommen wir nach insgesamt neun Wandertagen auf dem Historical Way der Rota Vicentina am Leuchtturm des Cabo de Sao Vicente an. Wir wählen für die letzte Etappe die Variante an der Küste entlang, die einige spektakuläre Ausblicke zu bieten hat. Erstaunlicherweise regnet es an diesem Tag sogar, womit wir zu dieser Jahreszeit nicht gerechnet hatten. Damit ist es aber auch angenehm kühl und die vom Atlantik heraufziehenden Wolken malen eine dramatische Szenerie an den Horizont.

Der Leuchtturm selbst ist eine typische Touristenfalle. Unmengen von Leuten, unter denen auch viele Deutsche sind. Und genau für die verkauft ein findiges Pärchen hier eine überteuerte Bratwurst als „letzte Bratwurst vor Amerika“. Wir können aber auch nicht widerstehen und reihen uns brav in die Schlange ein. Es gibt sogar ein Zertifikat, dass einem den Kauf bestätigt.

Wie so häufig lösen die vielen Menschen nach einer so einsamen Wanderung einen kleinen Zivilisationsschock bei uns aus. Also erkunden wir ein wenig das Gelände, bevor wir den erstaunlicherweise hier verkehrenden Bus besteigen und uns auf den Weg zum Start des Fisherman Trails begeben. Wir sind schon sehr gespannt, was dieser Küstenwanderweg für uns bereit hält.

  1. Jens
    | Antworten

    Honig? Imker? ;-)

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