Die Nacht in der Walpole Lodge war etwas unruhig, denn unser Koreaner im Zimmer hatte offenbar Alpträume. Jedenfalls sprach er manchmal laut und aufgeregt im Schlaf. Natürlich auf Koreanischen (oder was ich dafür hielt), so dass ich leider nicht sagen kann, worum es ging.
Trotzdem fühlte ich mich am Morgen recht erholt und erfrischt. Bereit für die letzte Etappe nach Albany, dem südlichen Endpunkt des Bibbulmun Tracks. Nach Frühstück und Gespräch mit den Finninnen ging es wieder weiter.
Der Track führte mich zuerst an den Rand des Walpole Inlets, bevor er wieder in den Wald abbog. Er war einfach und ich kam gut voran, obwohl es zum Teil auch ganz gut hoch ging.
Nach ca. 10 km stand ich vor einer der hiesigen Sehenswürdigkeiten, einem riesigen Tingle Baum. Diese Bäume sind Verwandte der Karri Bäume, haben aber am Boden einen sehr großen Umfang. Das erlaubt es ihnen, Buschfeuern besser zu widerstehen. Dieses Exemplar hatte einen Umfang von 24 (!) Metern und war trotz ausgebranntem Inneren noch am Leben. Sehr beeindruckend!
Weiter ging es zur Frankland River Shelter, die ebenfalls sehr schön am gleichnamigen Fluss lag. Doch hier legte ich nur eine Pause ein, denn ich wollte noch weiter zur Giants Shelter. Den Weg dorthin empfand ich als wenig begeisternd, was auch am wieder einsetzenden Nieselregen liegen konnte.
Kurz vor der Shelter kam ich an eine weitere Sehenswürdigkeit der Region – einen Baumwipfelpfad. Doch da dieser bei meinem Eintreffen schon geschlossen hatte, erübrigte sich die Frage nach einem Besuch. Also ging es weiter zur Shelter.
Dort traf ich auf eine wahre Menschentraube, denn sowohl ein älteres Wandererpärchen als auch ca. 15 Schüler mit zwei Betreuern lagerten an der Hütte. Da die Schüler zelteten, hatten wir drei Weitwanderer die Hütte für uns.
Trish und Mike waren aus Queensland, wo es zur Zeit deutlich wärmer war. Und so galt dem Wetter ihre größte Aufmerksamkeit, wodurch ich unverhofft zu einer ausführlichen Wettervorhersage für die nächsten Tage kam. Auch nicht schlecht. Und trotz der vielen Leute verlief die Nacht ruhig und entspannt, wenn man einmal von häufigen Schauern absieht.
Der nächste Morgen startete allerdings mit ein wenig Gewühl, denn aufgrund der Regenschauer drängten wir uns nun alle in der Hütte. Es war zwar genug Platz, aber für mich war es nach all den Sheltern, die ich ganz für mich alleine hatte, eine etwas ungewohnte Situation.
Letztlich löste sich das Knäuel aber auf und alle zogen ihrer Wege. Für mich hieß das wieder Richtung Küste gehen, zum kleinen Ferienort Peaceful Bay. Anfangs noch durch Wald, kam der Weg bald in offeneres Gelände und führte dann im Wechsel am Strand und den Dünen entlang.
An der eigentlich sehr schön gelegenen Rame Head Shelter hielt ich mich nicht lange auf, da diese wieder einmal von unzähligen Mücken und Fliegen besiedelt war. Stattdessen setzte ich den Weg durch Dünen und am Strand fort, bis ich gegen 15:00 Uhr in Peaceful Bay ankam.
Im kleinen Laden des Campingplatzes kaufte ich mir ein paar Erfrischungen und überlegte mir meine nächsten Schritte, als mich eine Frau mittleren Alters ansprach. Es stellte sich schnell heraus, dass es sich um Kate handelte, deren Namen ich seit Kalamunda in den Hüttenbüchern gelesen hatte. Sie hatte den kleinen Wohnwagen mit Anbau gemietet, den es auf dem Campingplatz für Wanderer gab. Und da darin noch Platz war, lud sie mich ein.
So kam ich sowohl zu netter Gesellschaft als auch einem trockenen Dach über dem Kopf, denn es regnete immer mal wieder während der Nacht.
Der kommende Tag brachte nicht nur eine lange 43,4 km Etappe, sondern auch eine Kanufahrt. Denn zwischen Peaceful Bay und der nächsten Shelter Boat Harbour liegt das Irwin Inlet, das man an einer Engstelle per extra bereit gestellten Kanus überqueren muss. Also brach ich bereits um 7:00 Uhr auf.
Die ersten Kilometer brachte ich zügig hinter mich und stand bald vor dem Kanuschuppen. Von den insgesamt sechs zur Verfügung stehenden Kanus befanden sich zwei auf meiner Uferseite. Das bedeutete nun Arbeit für mich. Zum einen muss logischerweise immer mindestens ein Kanu an jedem Ufer sein. Und zum anderen hatte ich Kate als Dankeschön für die Einladung versprochen, dass sie keine Kanus hin- und her fahren müsste.
Also schnappte ich mir ein Kanu, ein Paddel und eine Rettungsweste und begann die ca. 200 Meter lange Überfahrt. Obwohl es etwas windig war, gelang die Querung problemlos. Am anderen Ufer angekommen, wuchtete ich ein Kanu aus dem dortigen Schuppen, befestigte es an meinem Kanu und fuhr zurück.
Jetzt war ich richtig in Fahrt und beschloss, Gleichstand auf beiden Seiten herzustellen. Also ging es wieder hinüber. Diesmal knüpfte ich gleich zwei weitere Kanus an und setzte erneut über. Das machte richtig Spaß und ich nahm mir vor, öfter mal wieder zu paddeln!
Doch erstmal hieß es, den Bibbulmun Track zu Ende zu laufen und so setzte ich ein letztes Mal zum richtigen Ufer über. Dort angekommen, verstaute ich das Kanu, schnappte mir meine Sachen und zog weiter. Als wollte mich der Weg für meine Anstrengungen belohnen, ging es jetzt durch die vielleicht schönste Landschaft bisher. Sanft geschwungene Hügel mit grünen Wiesen, vielen Kängurus, breiten Wegen und weitläufigen Blicken.
Nach ca. einer Stunde ging die Fauna wieder in Buschland über, die mich zur Boat Harbour Shelter begleitete. Eine kurze Rast und weiter ging es Richtung William Bay Shelter. Auch dieser Teil begann mit Buschland, bevor er ebenfalls spektakulär wurde. Denn der Tag endete mit einer sieben Kilometer langen Strandwanderung am Mazzoletti Beach inklusive Sonnenuntergang. Was will man mehr?
Vielleicht mal wieder Duschen? Deshalb ging es am nächsten Tag nach Denmark, dem letzten Ort auf dem Bibbulmun Track vor dem Zielort Albany. Der Weg an diesem Tag war wenig erbaulich. Zuerst führt der Track etwas wirr durch das Küstenhinterland, bevor die Trackdesigner den armen Wanderer den einzigen Berg weit und breit hoch und wieder runter scheuchen. Das letzte Drittel vor der Stadt ist dann allerdings überraschend gut, da es immer mal wieder am Wilson Inlet entlang geht.
Denmark hat ein Hostel und einen Supermarkt. Vermutlich auch mehr, aber das sind die Sachen, auf die ich mich konzentriere. Da es sehr warm war, ziehe ich mich nach dem finalen Resupply in das kühle Hostel zurück und verbringe den Rest des Tages mit Ausruhen.
Die letzten drei Tage auf dem Track beginnen ebenfalls sehr sonnig und warm. Der Weg wird noch dazu durch das Wilson Inlet unterbrochen. Normalerweise müsste man zum Wiedereinsetzen nun ein Taxi oder ein Boot nehmen, um auf die andere Seite des Inlets zu gelangen. Oder aber, man hat Glück und die saisonale Sandbank, die einen sicheren Übergang auf die Nullaki Halbinsel gewährt, hat sich bereits aufgebaut. Ich habe selbstverständlich Glück.
Dieses Glück ist jedoch auch mit 9 km Straße laufen verbunden. Kann man nichts machen und so stapfe ich los. Meine Versuche, per Anhalter wenigstens ein paar dieser Kilometer zu sparen, sind leider nicht von Erfolg gekrönt.
So laufe ich die gesamte Strecke zum Strand und überquere anschließend auch ohne Probleme die Sandbank. Nun muss ich wieder auf die andere Seite der Halbinsel, was aber ebenfalls keine Schwierigkeiten aufwirft.
Unschöner ist da schon die Tatsache, dass dort der eigentlich attraktiv am Ufer verlaufende Track stark versumpft ist, so dass ich mir schnell sehr nasse Füße hole. Daher beschließe ich auch an der Nullaki Shelter den Tag etwas vorzeitig, um Füße, Socken und vor allem Schuhe vom Morast zu säubern und die nassen Sachen zu trocknen.
Da ich durch diese Maßnahme mein Tagesziel West Cape Howe Shelter, weitere 17 km entfernt, nicht erreiche, steht am folgenden Tag nun eine 43 km Etappe an. Ich beschließe einen zeitigen Beginn und starte bereits um 7:00 Uhr.
Der Weg schlängelt sich durch das Küstenhinterland und gibt abwechselnd immer mal wieder schöne Blicke auf das Meer und das Inland frei. Zu meinem Erstaunen und meiner Freude treffe ich sogar ein paar andere Wanderer! Einen einheimischen Rentner und ein deutsches Pärchen. Wir schwatzen jeweils ein wenig.
Die West Cape Howe Shelter nutze ich wie üblich zur Pause und laufe dann Richtung Torbay Shelter weiter. Dort treffe ich auf Cindy und Brad, deren Namen ich ebenfalls schon länger in den Hüttenbüchern verfolge. Wir tauschen ein paar Informationen aus und dann gehe ich den letzten Abschnitt des Tages an – zur Mutton Bird Shelter.
Es ist der Teil, auf den ich mich besonders gefreut habe, denn nach einem entspannten Abstieg geht es wieder ca. 5 km am Strand entlang. Es macht einfach Spaß, direkt am rauschenden und schäumenden Wasser entlang zu laufen. Anschließend noch ein kurzer Gang durch das Hinterland und ich stehe vor der Mutton Bird Shelter.
Von dort sind es am 33sten und letzten Tag meiner Wanderung auf dem Bibbulmun Track noch etwas mehr als 25 km zum südlichen Terminus in Albany. Der erste Teil davon führt am örtlichen Windpark vorbei, deren Türme strategisch günstig auf den Klippen direkt am Meer errichtet wurden. Es folgt die letzte Hütte – die Sandpatch Shelter. Dieser hat jemand sogar eine Hängematte spendiert, in der es sich vorzüglich pausieren lässt.
Doch die Fliegen und Mücken treiben mich bald wieder weiter. Der letzte Abschnitt hinein nach Albany ist etwas uninspiriert. Es geht lange an einer recht befahrenen Straße entlang. Doch nach einem kurzen Gang durch die Stadt stehe ich vor dem großen Schild, dass mir das Ende des Tracks verkündet. Geschafft!
Und so endet mitten in Albany meine Wanderung auf dem Bibbulmun Track – 33 Tage und, laut offiziellen Angaben, 1002,4 km nach dem Start in Kalamunda.
Es war eine in großen Teilen abwechslungsreiche Wanderung mit interessanten Eindrücken (vor allem in Bezug auf Pflanzen und Tiere), die jedoch auch eher langweilige Abschnitte zu bieten hatte. Infrastruktur und Markierung waren großartig und die Menschen entlang des Weges freundlich und hilfsbereit. Auf dem Bibbulmun Track selber allerdings hätte ich gerne noch mehr Leute getroffen, was aber vermutlich einfach nur Pech war.
Insgesamt kann ich den Wanderweg aber durchaus empfehlen, wenn man einen leichten Fernwanderweg sucht und die lange Anreise nicht scheut. Insbesondere als Einstieg in die Welt des Langstreckenwanderns ist er meiner Meinung nach sehr gut geeignet.
Nun ist es aber an der Zeit, sich noch anderweitig in Australien umzusehen. Denn dieses Land ist so riesig, dass die gewanderte Strecke auf der Karte gar nicht auffällt. Schauen wir also mal, was es noch so zu sehen gibt!
Pillow
Glückwunsch!!! Schön, dass du es geschafft hast und für dich doch ein überwiegend positives Fazit ziehst. Und natürlich danke, dass du uns über den Blog an deinem Abenteuer hast teilhaben lassen. Die Fotos sind echt überragend. Bin gespannt, wie es jetzt weiter geht….!
Robert
Danke für die Glückwünsche! Was jetzt kommt, ist sicher ganz anders. Lass Dich überraschen!
Basisstation
Herzlichen Glückwunsch!! Wieder eine Etappe Deiner Abenteuerlust gestillt! Dabei haben Dich schöne landschaftliche Bilder, große und kleine Tiere, bekannte und unbekannte Tierchen und wenige Menschen begleitet. Nun wächst natürlich unsere Neugier, wie es in diesem großen, weiten Land mit welchen Ideen weitergeht. Lass uns nicht so lange warten. Liebe Grüße V + M
Robert
Danke auch für Eure Glückwünsche! Da das Land wirklich riesig ist, geht es auf jeden Fall schon mal nicht per Fuß weiter. ;-)
Carmen
Hallo Robert, super das Du es wieder einmal geschafft hast, obwohl ich streckenweise den Eindruck hatte, das diese WNderung sehr einsam war. Aber auch ich finde tolle Bilder, um diese wahren Eindrücke kann man Dich wirklich beneiden. Viel Spaß bei der weiteren Eroberung des 5.Kontinents.
Freue mich wie es weiter geht.
Gruß Carmen
Robert
Die Wanderung war wirklich recht einsam. Zumindest hätte ich deutlich mehr Leute auf dem Track erwartet. Aber nun sollte die Interaktionen deutlich zunehmen.
christiane
Na herzlichen Glueckwunsch! Ich fand die Bilder wunderschoen und verlockend. Vielleicht, wenn man den Trail nicht gleich nach dem AT wandert kommen eim manche Abschnitte auch nicht so langweilig vor ;))
Viel Spass im Rest des Landes!
Robert
Danke für Deine Glückwünsche! Langweilig ist vielleicht auch nicht das richtige Wort. Überraschend einsam trifft es vielleicht eher.