Nachdem ich wie in Teil 1 beschrieben Paia verlassen hatte, traf ich nun auf den 400 Höhenmeter hohen Hügel, vor dem mich Ross von Outdoor Samoa bereits gewarnt hatte. Ich quälte mich mich für eine unendlich scheinende Zeit in den kleinsten verfügbaren Gängen die Straße hoch. Oben angekommen, konnte ich die nun folgende, rasante Abfahrt auch nicht wirklich genießen. Trotzdem entschied ich mich, noch bis zum angepeilten Tagesziel Falealupo weiter zu fahren. Unterwegs kaufte ich Orangen am Straßenrand, die ich an Ort und Stelle verzehrte. Frisch und lecker!
Als ich von der Ringstraße abbog, wurde der Straßenbelag allmählich löchriger, bis er sich schließlich von Asphalt zu festgefahrenem Sand wandelte. Man konnte nun auch an den Fales deutlich sehen, dass dies der Teil von Samoa ist, in dem der Lebensstandard am niedrigsten ist. Trotzdem war das Ressort in Falealupo eines der besten, in denen ich geschlafen habe.
Natürlich war man gerade mit Fegen beschäftigt, als ich eintraf. Doch sofort bekam ich eine Fale zugewiesen und man setzte mir leckeren Fisch und Hühnchen zum Abendbrot vor. Dazu gab es auch das erste Mal Taro, das man von Konsistenz und Aussehen annähernd mit einem sehr festen Kartoffelbrei vergleichen kann. Nach diesem Tag schmeckte mir wirklich alles!
Doch bevor ich komplett erschöpf ins Bett fiel, ging ich noch einmal schnorcheln. Hier tummelten sich schon mehr Fische und auch die Korallen schienen in besserem Gesundheitszustand zu sein. Allerdings ging das Wasser gerade schon wieder zurück, so dass nicht viel Abstand zwischen mir und den Korallen war. Daher verließ ich das Wasser recht schnell wieder.
Stattdessen unterhielt ich mich noch eine Weile mit Sohn und Tochter des Betreibers. Es war sehr interessant, auf diese Weise ein paar Einblicke in die samoanische Welt zu erhalten. Wenn die Eltern es sich leisten können und es erlauben, erhalten die Kinder durchaus eine höhere Schulbildung. So hat die Tochter z.B. Jura in Neuseeland studiert sowie dort auch gearbeitet und der Sohn strebte ein Studium der Theologie an. Da nun aber die Mutter erkrankt ist, müssen beide im Familienbetrieb aushelfen, zu dem neben dem Ressort natürlich auch ein Laden gehört. Auf meine Frage, wie viele Kunden sie denn so am Tag im Laden haben, antwortete die Tochter nach kurzem Überlegen: „Vielleicht so um die zehn.“
Nach dem Frühstück aus Früchten und samoanischen Pfannkuchen, die eher an deutsche Quarkkeulchen erinnerten, setzte ich meine Fahrt um die Insel fort. Ich hatte aus gestern gelernt und mir nur ca 40 km nach Satuiatua vorgenommen. Ich war gespannt, denn dort sollte es nach Aussage von Ross das vielleicht beste Ressort auf Savai’i geben.
Der Weg dorthin war einfach und verlief zum Glück ohne anstrengende Zwischenfälle, was sicher auch daran lag, dass ich den einzigen Hügel gleich relativ zu Beginn des Tages in Angriff nehmen musste. Und da es danach größtenteils bergab bzw. eben weiterging, trudelte ich schon gegen Mittag in Satuiatua ein.
Ich war ein wenig hungrig und hatte kurz vor dem Ort eine „Imbissbude“ (Straßenrand-Barbeque) gesehen. Die steuerte ich jetzt an, doch ich wurde enttäuscht. Die Frau hinter dem Tresen gab mir zu verstehen, dass für heute schon Schluß sei mit Gegrilltem (Öffnungszeiten in Samoa können außerhalb von Apia recht willkürlich sein). Ich sollte mir im Laden nebenan ein paar Donuts besorgen. Danach stand mir zwar gar nicht der Sinn, aber ich trottete gehorsam in den Laden.
Während ich mir noch missmutig das magere Angebot besah, tauchte auf ein Mal ein ungewöhnlich geschäftiger Mann auf. Er fragte mich, ob ich derjenige sei, der ein Barbeque wollte. Ich bejahte und er versprach mir ein Essen in weniger als 20 Minuten. Ich sollte draußen in der „Wartefale“ Platz nehmen bzw. besser gesagt „entspannt rumlümmeln“. Gesagt, getan.
Keine Viertelstunde später stand ein Teller mit dampfendem Huhn, Reis und Ananas vor mir. Als ich nach dem Preis fragte, überlegte die junge Frau kurz, verdoppelte bestimmte gedanklich den Preis und sagte dann „8 Tala“ (etwa 3 Euro). Ich ließ es mir schmecken. Warum es für samoanisches Essen erstaunlich gut gewürzt war, klärte sich kurze Zeit später, als sich besagter Mann zu mir setzte.
Es stellte sich heraus, dass auch er lange Zeit im Ausland gelebt hatte (20 Jahre auf Hawaii) und hier nun seine eigene Soße mixte. Wir unterhielten uns fast zwei Stunden lang über alles mögliche. Erneut erfuhr ich viel über Samoa und seine Bürger. Zum Beispiel, dass noch heute ein altes Buch aus der deutschen Kolonialzeit (1900-1914), in dem die Familienzusammenhänge und Landbesitztümer auf den Inseln festgehalten sind, zur Klärung von Streitfragen herangezogen wird.
Nachdem er sich wieder seiner Arbeit zuwenden musste, ging ich zum Ressort zurück und machte mich für einen weiteren Schnorchelgang startklar. Die Flut war gerade richtig und die Strömung so stark, dass man förmlich über den Korallengarten getragen wurde. Die Anzahl der Fische und auch der noch lebenden Korallen war hier deutlich größer, als bei den beiden vorangegangenen Trips. Schildkröten bekam ich jedoch keine zu Gesicht.
Wieder aus dem Wasser war es auch schon Zeit für das Abendessen. Hier konnte man aus der Karte wählen und ich hatte mich für das als „Samoanisches Essen“ angepriesene Gericht entschieden. So bekam ich unter anderem Oka (in Kokossahne eingelegter, roher Fisch mit Zwiebeln oder anderem Gemüse) sowie Luau (Taroblätter, die in Kokossahne gekocht werden) vorgesetzt. Überaus lecker, aber auch sehr nahrhaft. Da wollte auch der Sonnenuntergang nicht nachstehen und tauchte die Bucht in ein Meer aus gelb, lila, orange und rot.
An Tag fünf auf Samoa stand eine Sehenswürdigkeit an, auf die ich mich schon länger freute – die Blowholes von Alofa’aga. Da diese vor allem bei Flut so richtig „Wumms“ haben und das Wasser gegen 9 Uhr am höchsten stand, wollte ich früh los. Ich hatte mit der zuständigen Ressortdame ein Frühstück um 7:30 Uhr vereinbart. Doch statt Frühstücksvorbereitungen zu treffen, harkten alle Angestellten sehr konzentriert den Vorgarten und den Parkplatz. Gegen 8 Uhr brach ich einfach ohne Frühstück auf.
Die Fahrt zu den Blowholes war einfach und ich hatte keine Probleme, gegen 9 Uhr dort zu sein. Natürlich galt es vor Ort wieder, eine custom fee zu bezahlen. Doch dafür hatte ich die Blowholes zu so früher Stunde auch für mich. Das Wasser rauschte mit ziemlichem Krach durch die ausgespülten Kanäle und wurde dann viele Meter hochgeschleudert. Da (natürlich) die Sonne schien, gab es jedes Mal auch einen kleinen Regenbogen, wenn das Wasser als Sprühnebel wieder zu Boden fiel.
Ich schaute dem Schauspiel so lange zu, bis sich letztlich dann doch mein Magen meldete. Im Ort fand ich einen der üblichen Läden und frühstückte. Anschließend fuhr ich weiter zum Afu Aau Wasserfall. Auch hier galt es wieder, eine custom fee abzudrücken. Doch auch hier hatte ich den Wasserfall für mich. Besser gesagt den kleinen Pool des Wasserfalls, denn da gerade keine Regenzeit war, war der große Wasserfall versiegt. Nur ein paar kleinere am Rand des Pool sprudelten noch.
Das tat aber der Faszination des kristallklaren und wunderbar kühlen Wassers keinen Abbruch. Entspannt plantschte ich darin herum. Als ich dem Pool entstieg, kamen vier weitere Gäste. Verblüfft stellte ich fest, dass es sich um die vier deutschen Medizinstudenten aus Manase handelte. Es gab ein großes Hallo und ich blieb noch eine Weile.
Doch irgendwann verriet ein Blick auf die Uhr, dass es für mich Zeit zum Aufbruch war. Denn ich wollte doch noch auf den Pulemelei Mound, die älteste und größte Pyramide in ganz Polynesien. Die vier Studenten beschlossen spontan, mich zu begleiten. So suchten wir uns im Ort einen Führer und zogen los.
Es began eine wahre Dschungelexpedition. Wir liefen einen kaum sichtbaren Pfad entlang und schwitzten aufgrund der schwülen Hitze schon nach wenigen Metern. Als der Weg dann später anstieg, ran uns der Schweiß in Bächen aus allen Poren. Zwei Mal machten wir Halt und tranken gierig Kokosnüsse, die unsere Führer mit kurzerhand entwurzelten Jungbäumen von den Palmen holten.
Und dann standen wir oben auf der Pyramide. Vielleicht einer der enttäuschensten Situationen in letzter Zeit. Denn natürlich hatte ich mir ein erfurchtsgebietende Steinpyramide vorgestellt, wie man sie von Bildern aus Mexiko kennt. Stattdessen konnte man hier nur anhand einige alter, verwitterter und über und über bewachsener Stufen ein von Menschenhand geschaffenes Bauwerk erahnen. Der Urwald hatte ganze Arbeit geleistet und sich die Pyramide komplett einverleibt. Wir hätten auch auf einem x-beliebigen Hügel stehen können. Schade, aber der Weg hin und zurück war immerhin auch ein interessantes Erlebnis.
Als wir wieder am Ausgangspunkt angekommen waren, verabschiedeten wir uns voneinander und ich versprach, sie in ein paar Tagen in Apia besuchen zu kommen. Dann radelte ich die verbleibenden Kilometer bis Salelologa und quartierte mich dort in Luisas Lagoon Chalets ein. Hier traf ich auch wieder auf Kristina, die ich ebenfalls kurz beim Afu Aau Wasserfall getroffen hatte.
Am nächsten Morgen stattete ich als erstes dem örtlichen Markt einen kleinen Besuch ab. Hier gab es neben Früchten und Gemüse auch einige interessante Parfumfälschungen zu entdecken. Danach ging es zur Fähre, mit der ich wieder nach Upolu zurückkehrte. So komplettierte ich also meine Savai’i-Umrundung und hatte nun noch ungefähr zweieinhalb Tage Zeit, auch die andere Insel Upolu zu erkunden.
Das war allerdings ein bisschen zu wenig, um per Fahrrad weit zu kommen, weshalb ich es wieder bei Outdoor Samoa ablieferte. Stattdessen lief ich zurück zur Fähre und wartete auf Kristina, die mit dem nächsten Boot ankommen sollte. Ich fing sie ab und gemeinsam fuhren wir nach Apia, wo sie ihren Mietwagen abgeben wollte und ich mir einen besorgen wollte.
Zumindest der erste Teil klappte problemlos. Ich hatte jedoch ein paar Schwierigkeiten, einen Verleiher mit vorrätigen Autos zu finden. Schließlich klappte es doch, aber es hatte so viel Zeit gekostet, dass es keinen Sinn mehr machte, jetzt noch loszuziehen. Es reichte gerade noch, die Papase’ea Sliding Rocks in der Nähe von Apia zu besuchen (5 Tala (ca. 2 Euro) custom fee Eintritt). Dort sind einige Steine im Bachbett so glatt poliert, dass man sie herunterrutschen kann. Sehr lustig! Anschließend gingen wir beide etwas essen, bevor ich Kristina zum Flughafen fuhr. So konnte ich ihr den Gefallen der Mitfahrgelegenheit wieder zurückgeben.
Nun mit Auto ausgestattet, startete ich am folgenden Tag die Erkundung von Upolu. Leider erwischte ich einen sehr, sehr regnerischen Tag. Ich fuhr zwar über die Insel, aber es machte aufgrund des vielen Regens wenig Sinn, an den Sehenswürdigkeiten anzuhalten. Einzig als ich am Fuipisia Wasserfall war, legte der Regen eine Pause ein, die ich prompt zur Besichtigung nutzte. Die 10 Tala (ca. 4 Euro) custom fee Eintritt lohnten sich, denn der Wasserfall und das Tal, in das er sich ergoß, waren wirklich beeindruckend.
Doch das war dann auch das einzig Zählbare an diesem Tag. Etwas zerknirscht kehrte ich nach Apia zurück und suchte mir ein Hotel. Praktischerweise war dieses gleichzeitig indisches Restaurant, was sich beim Abendessen als sehr gut herausstellte. Und da es samoanische Portionsgrößen servierte, war ich nach dem Mahl auch überaus satt.
Der nächste Tag war auch schon mein letzter auf Samoa. Ich hatte mir viel vorgenommen, denn ich wollte möglichst all die Dinge sehen, die mir der Regen gestern verwehrte. Also ging es auf der Suche nach Frühstück zuerst einmal auf den Markt von Apia. Dort wandelte ich ein wenig umher und registrierte in all dem Gewühl lächelnd, wie die Samoaner bestimmte Worte aus dem Deutschen oder Englischen einfach in ihrer Sprache abgewandelt haben. Das Wort „Tala“ (von Taler) tauchte ja im Text schon auf. Sehr eindeutig war aber auch das Wort „Kukumba“ für Gurke (von englisch „cucumber“).
Ich erstand schließlich eine Brotfrucht, eine Kochbanane, ein bisschen Luau (die in Kokosnusssahne gekochten Taroblätter) sowie eine herrlich kühle Kokosnuss als Getränk. Wie immer waren Luau und Kokosnuss sehr lecker, doch auch die Brotfrucht schmeckte erstaunlich gut. Die Kochbanane schmeckte hingegen so sehr nach gar nichts, das ich Mühe hatte, sie aufzuessen.
Dann ging es zum Robert Louis Stevenson Museum. Der weltberühmte Autor hat auf Samoa seine letzten Lebensjahre verbracht und ist auch dort gestorben. Während seiner Zeit auf der Insel hat er sich sehr für die Samoaner eingesetzt, die ihn im Gegenzug dafür heute noch verehren. Sein Wohnhaus ist nun Museum. Eine sehr gute Führung weihte mich gut in die Geheimnisse des Hauses ein und anschließend stieg ich auch noch den angrenzenden Berg zu seinem Grab hinauf, was in der Hitze zu erneuten Schweißbächen führte.
Da das Auto über eine funktionierende Klimaanlage verfügte, war der Schweiß bis zu meiner Ankunft in Lalomanu im äußersten Südosten getrocknet, wo ich anschließend hinfuhr. Vielen Aussagen nach sollte es dort den schönsten Strand Samoas geben. Nun ja, der Strand war wirklich sehr schön, aber auch viele Strände auf Savai’i konnten da mithalten. Als ich am Strand ein Foto machte, kam sofort ein Junge angerannt und verlangte 10 Tala custom fee „Fotoerlaubnis“ (ca. 4 Euro). Langsam wurde das etwas lästig.
Doch meine Miene hellte sich kurze Zeit später wieder auf, als ich am Straßenrand einen Barbeque-Stand entdeckte. Sieben samoanische Frauen verkauften Gegrilltes, um so Geld für die Bezahlung des örtlichen Lehrers zu sammeln. Die Portion, die man dabei für nur 6 Tala (etwa 2,25 Euro) bekam, hätte auch zwei Personen satt gemacht.
So fuhr ich mit vollem Magen weiter zum To’Sua Ocean Trench. Das ist eine eingestürzte Höhle, die einen Zugang zum Meer besitzt und somit wassergefüllt ist. Findige Samoaner haben eine Leiter als Zugang gebaut und vermarkten den wirklich schönen Ort jetzt touristengerecht. (Unnötig zu erwähnen, dass die umliegende Gartenanlage perfekt gepflegt ist.) Ich entschied mich allerdings gegen eine kurze Schwimmeinlage und beschränkte mich auf die Besichtigung.
Danach ging es zurück nach Apia, wo ich den vier Medizinstudenten wie versprochen einen Besuch abstattete. Wir verbrachten einen angenehmen Nachmittag, bevor ich den Mietwagen zurückgeben musste und es Zeit war, zum Flughafen aufzubrechen. Den Weg dorthin legte ich per Taxi zurück, dessen Fahrer in gehöriger Lautstärke samoanische Pop-Musik spielte. Irgendwie passte das zu meinem Abschied von Samoa, denn mit ähnlichen Klängen war ich ja auch begrüßt worden.
Und so verließ ich Samoa in dem Wissen, dass es bisher das wohl exotischste Land auf meinen Reisen war. Die Idee, ein paar Tage Südseetraum in meine Reise einzuschieben, hat sich sehr gelohnt und war ein voller Erfolg. Und wer weiß – vielleicht kehre ich ja eines Tages auch hierher zurück. Doch jetzt gilt die ganze Konzentration wieder Australien, wo noch hoffentlich spannende Wochen vor mir liegen.
Irina
Lieber Robert,
wieder einmal tolle Bilder und schöne Geschichten! Man könnte glatt neidisch werden.. ;-)
Genieß die letzten Tage deiner Reise und komm sicher und gut wieder in die Heimat.
Ganz liebe Grüße
Irina