Von Kununurra und der Bungle Bungle Range kommend, trafen Michael und ich nun nach 800 Kilometer Fahrt in Broome ein. Das kleine Städtchen Broome im Norden des Bundesstaates Westaustralien ist nicht sonderlich groß, aber eine klassische Touristenhochburg. Das liegt neben dem berühmten Cable Beach und dem Naturschauspiel „Stairway to the Moon“ vor allem aber auch daran, dass es weit und breit kaum eine andere Siedlung gibt.
Offen gestanden hatten wir von der „Treppe zum Mond“ noch nie etwas gehört, bevor wir in Broome eintrafen. Als wir aber ins Hostel eincheckten, machte uns die Rezeptionistin gleich als erstes darauf aufmerksam. Drei Tage im Monat gibt es das Spektakel und der erste Tag in diesem Monat war genau heute. Bei dieser Naturerscheinung muss der Aufgang des Vollmondes mit der Ebbe zusammenfallen. Ist das der Fall, spiegelt sich das Mondlicht in den zurückbleibenden Pfützen am Strand und lässt so die Illusion einer Treppe zum Mond erscheinen. Doch nur für wenige Minuten, denn ist der Mond zu hoch geklettert, so ist die Reflektion nicht mehr gegeben.
Also hieß es, rechtzeitig vor Ort zu sein. Und so machten sich Michael und ich kurz vor Mondaufgang auf den Weg zum Strand. Sort warteten bereits hunderte Leute, von denen die meisten mit zum Teil riesigen Kameras und Stativen bewaffnet waren. Dann ging der Mond auf und krabbelte langsam über den Horizont. Und prompt fing auch die „Treppe“ an zu glitzern. Ein schöner Lichttrick der Natur in einer lauen Sommernacht.
Am nächsten Morgen hieß es dann weiter Richtung Westen, dem nächsten Ziel Karijini National Park entgegen. Also flink für die nächsten Tage eingekauft und ab auf die Straße. Doch wir kamen nicht weit. Denn bereits nach ca. 5 Kilometern begann plötzlich die Temperaturanzeige des Motors immer weiter anzusteigen. Das war mir nicht geheuer. Also drehten wir um. Als wir auf dem Parkplatz der Touristeninformation einparkten, hatte der Zeiger das Maximum erreicht. Das sah also gar nicht gut aus und so rief ich innerhalb weniger Tage zum zweiten Mal beim „australischen ADAC“, dem RAC an. Sie versprachen, jemanden vorbeizuschicken, doch der sei gerade außerhalb von Broome unterwegs und daher würde es etwas dauern.
Wir konnten also nichts weiter tun, als warten. Nach ca. einer Stunde kam dann auch wirklich der nette Mann des RAC vorbei, warf einen prüfenden Blick in den Motorraum und bat mich, das Auto zu starten. Sofort fing der Kühler unschön zu zischen an und Dampf trat aus. Der RAC-Mann prüfte die Situation eingehend und sah mich schließlich mitleidig an: „Der Kühler ist hinüber. Sie brauchen wohl einen neuen. Das dürfte so um die 500 AUD kosten, falls wir hier überhaupt so einen alten auftreiben können.“
Na toll! Mein Hyundai war fast 20 Jahre alt und genau eine Woche vor meinem Heimflug gab er jetzt den Geist auf? Ganz schlechtes Timing und äußerst ärgerlich! Aber da war wohl nichts zu machen. Und so ließen wir das Auto in die Werkstatt abschleppen und fragten dort nach einem Kühler. Natürlich hatte niemand in der Umgebung einen passenden da. Noch ärgerlicher!
Ich überlegte kurz, welche Alternativen es gab und gab mich dann geschlagen. Mit dem Hyundai kam ich jedenfalls nirgendwo mehr hin. Also nahm ich das Angebot der Werkstatt an und verkaufte ihnen das Auto zum Schrottwert. Immerhin hatte ich so mit der Entsorgung keinen Aufwand. Und wenn ich es genau betrachtete, hatte mir das Auto ja auch sehr treue Dienste geleistet. Fast 23.000 km hatte ich in ihm quer durch Australien zurückgelegt. Und das er nun an Altersschwäche starb, ist dann vielleicht auch ganz in Ordnung.
Zurück im Hostel, aus dem wir ja bereits ausgecheckt hatten, galt es nun, einen Alternativplan zu entwickeln. Es war immer noch unser Ziel, bis nach Perth zu kommen und sich auf dem Weg dahin, noch jede Menge anzuschauen. Doch wie sollten wir das umsetzen? Alle Überlegungen führten immer wieder zu ein und demselben Ergebnis: Wir brauchten ein neues Auto!
Also trottete ich zu den Büros der Mietwagenfirmen in der Stadt. Was ich da hörte, versetzte mich dann in ziemliches Erstaunen: Ein normales Auto würde für die verbleibende Woche umgerechnet ca. 1.000 Euro kosten! Man teilte mir mit, das sei schon ein hervorragender Preis, ich sollte mich freuen. Konnte ich aber nicht so ganz.
Michael war verständlicherweise auch nicht begeistert. Doch es gab noch eine Alternative. Da in Australien viele ausländlische Touristen aufgrund der riesigen Entfernungen ihre Mietwagen nicht wieder an der Abholstation abgeben, muss irgendwer die Autos wieder dorthin zurückfahren. Anstand dafür teure Mitarbeiter einzusetzen, bietet man anderen Touristen an, das für die Mietwagenfirmen zu tun. Und zwar für nur wenige Dollar am Tag.
Die entsprechenden Webseiten dazu gibt es natürlich auch. Doch keine davon hatte ein passendes Angebot. Da es aber bereits abends war, beschlossen wir, diese Variante am nächsten Tag noch mal zu probieren. Die neuen Angebote wurden immer morgens eingestellt und so stellte ich mir den Wecker auf 6 Uhr früh (was 8 Uhr in Sydney entsprach).
Am nächsten Morgen hüpfte ich voller Erwartung aus dem Bett, stapfte zur Tankstelle (des freien Internets wegen) und schaute gespannt auf die diversen Webseiten durch. Auf der Seite von immova wurde ich dann auch fündig. Von Broome nach Perth in fünf Tagen. Mit dem Campervan. Für einen Dollar am Tag. Und da das Mietwagenunternehmen das Auto offenbar dringend brauchte, war das Benzin auch gleich noch mit dabei. JACKPOT!
Flink buchte ich das Auto und überbrachte Michael die gute Nachricht. Wir freuten uns gemeinsam beim Frühstück und dann musste ich auch schon los, um das Auto pünktlich in Empfang zu nehmen. Es war riesig! Zumindest im Vergleich zu meinem kleinen Hyundai. Und es hatte alles an Bord: Zwei Schlafplätze, Kocher, Kühlschrank, Wassertank, Sitzgelegenheiten und -endlich- natürlich auch eine Klimaanlage!
Nach einer Einweisung in das Auto schwang ich mich auf den Fahrersitz, holte Michael ab und weiter ging es Richtung Karijini Nationalpark. Ganz bis dorthin schafften wir es an diesem Tag nicht mehr, so dass wir kurz vor der nächsten Stadt Port Hedland auf einem Parkplatz anhielten, um dort zu übernachten. Das stellte jetzt natürlich kein Problem mehr da, denn dafür hatten wir ja jetzt unseren Campervan, dessen Übernachtungsqualitäten wir gleich mal testeten.
Er bestand diese Probe mit Bravur! Weniger schön war allerdings die Warnlampe, die am nächsten Morgen auf dem Armaturenbrett aufleuchtete. Da wir keine Ahnung hatten, was das Problem war (das Handbuch war keine große Hilfe), fuhren wir nach Port Hedland in die Werkstatt. Dort tauschte man den Benzinfilter und weiter ging die Fahrt.
Nun aber endlich zum Karijini Nationalpark! Auf meiner Fahrt mit dem Italiener Patrick zum Uluru hatte mir dieser vom Karijini vorgeschwärmt. Enge Schluchten, Wasser und abenteuerliche Wanderungen. Das klang ganz nach meinem Geschmack und daher wollte ich dort unbedingt hin.
Im Park angekommen, machten wir zuerst einmal einen Abstecher ins Besucherzentrum und holten uns die notwendigen Informationen und Karten. Dann ging es zur ersten Schlucht – der Dales Gorge. Zuerst erkundeten wir den Circular Pool, der wirklich kreisrund war. Ich nahm ein erfrischendes Bad in dem erstaunlich kühlen Wasser, bevor wir Richtung Fern Pool am anderen Ende der Schlucht weiterzogen.
Die Schlucht war wirklich spektakulär. Da sie relativ breit war, hatten sich in ihr eine Menge verschiedener Pflanzen angesiedelt. Auch Bäume waren darunter. Und es gab noch genug Wasser in der Schlucht, so dass sich eine liebliche Stimmung ergab. Der ca. zwei Kilometer lange Wanderweg am Boden der Schlucht war abwechslungsreich und führte durch eine überraschend vielfältige Landschaft.
Der Fern Pool war ebenfalls ein optischer Leckerbissen. Kristallklares, grünlich schimmerndes Wasser füllte einen kleinen See, der von einer Vielzahl Bäumen umstanden war. Die Sonnenstrahlen auf dem Wasser glitzerten und reflektierten in alle Richtungen. Grandios! Zurück zum Auto ging es dann nach oben und am Rand der Schlucht entlang. Erstaunlich, wie anders die Landschaft sich nur wenige Meter oberhalb darstellte.
Weiter ging es zum Schluchtensystem der Weano Gorge. Dort gab es gleich mehrere Schluchten zu erkunden. Wir entschieden uns zuerst für die Hancock Gorge. Und die war ganz nach meinem Geschmack!
Denn sie war sehr eng, sehr verwinkelt, recht hoch und führte auch noch erstaunlich viel Wasser. Ein richtiger Abenteuerspielplatz! Bald schon zog ich meine Hose sowie Socken aus und ließ sie an einer sicheren Stelle zurück. Die Schuhe behielt ich jedoch an. Da die Steine aber durch des Wassers jahrtausendelange Bearbeitung glatt und geschmeidig geschliffen waren, war Vorsicht angesagt und ich konnte jeden Grip gebrauchen. So ging es dann im Bachlauf langsam weiter und dem abschließenden Kermits Pool entgegen. Der Pool war recht klein und zwar schön, aber der Weg zu ihm war deutlich spektakulärer. Zum Glück mussten wir den gleichen Weg auch wieder zurück, was ein erneutes Abenteuer war.
Als wir danach endlich am Auto waren, war es bereits recht spät. Also fuhren wir zum Karijini Eco Retreat, um dort zu übernachten. Erneut leistete uns unser neues Campervan dabei gute Dienste. Ich begann langsam zu begreifen, warum so viele Australienurlauber auf so ein Gefährt zurückgriffen.
Am nächsten Morgen ging es gleich wieder zur Weano Gorge, denn schließlich wollte auch diese noch entdeckt werden. Da Michael keine Lust auf die Erkundungstour hatte, zog ich alleine los. Der Nordteil der Weano Gorge ist sehr einfach zu laufen und auch sehr schön. Ein bisschen fühlt er sich wie eine kleinere Version der Dales Gorge an – viele Pflanzen, ein hübscher Bach in der Mitte und einige schöne Felsformationen.
Doch das eigentliche Highlight der Weano Gorge ist ohne Zweifel der Handrail Pool. Ähnlich wie bei der Hancock Gorge empfiehlt es sich hier, ohne Hose loszuziehen. Gesagt, getan. Nach einer kurzen Passage durch einen etwas breiteren Teil wurde die Schlucht schnell sehr eng. Da sie gleichzeitig auch sehr hoch war, ergaben sich spektakuläre Eindrücke.
Vorsichtig tastete ich mich immer weiter voran, bis ich schließlich am Handrail Pool angekommen war. Dieser recht große Pool hat seinen Namen von einem Geländer, was man dort sicherheitshalber angebracht hat. Und das ist auch dringend nötig, um sicher nach unten zu kommen. Dann stand ich endlich unten und konnte mich an den rotbraunen Felsen um mich herum sattsehen. Wirklich beeindruckend, was Wasser und Zeit gemeisam so erschaffen können!
Natürlich ging es auch hier den gleichen Weg wieder zurück, was mir die Möglichkeit gab, noch ein letztes Mal den Abenteuerspielplatz Karijini National Park zu genießen. Ich war sehr glücklich über den Abstecher und dankte in Gedanken Patrick für den tollen Tipp. Doch nur eine Tagesreise entfernt in Exmouth wartete bereits das nächste Abenteuer auf mich – Schwimmen mit Walhaien, dem größten Fisch der Welt. Also ab ins Auto, angeschnallt und zurück auf die Straße!
Christiane
Falls du bald wieder in Deutschland bist (Oder frankreich) dann sag doch Bescheid. Sins noch bis 28.8. hier.