Unser erster Tag auf dem Appalachian Trail begann etwas feucht. Genächtigt hatten wir ja auf den Zeltplätzen der Springer Mountain Shelter. Mit „Zeltplatz“ ist übrigens im weiteren Verlauf in Ermangelung eines besseren Wortes einfach nur eine halbwegs ebene Fläche gemeint. Nach dem Aufwachen mussten wir dann jedenfalls feststellen, dass rundherum um uns Wolke war. Dadurch war das Packen natürlich nicht so angenehm, aber das konnte uns unsere gute Laune nicht nehmen.
Denn heute ging es endlich so richtig los – unsere ersten Meilen auf dem offiziellen Appalachian Trail lagen vor uns. Bevor wir aber Richtung Norden aufbrachen, sind wir natürlich noch die wenigen Meter „in die falsche Richtung“ südwärts zum eigentlichen Startort Springer Mountain zurückgelaufen. Dort haben wir uns dann noch in das Register eingetragen und ein paar Fotos gemacht, die aufgrund des Wetters jetzt alle einen wolkenhellen Hintergrund haben. Und der Ausblick war ebenfalls etwas dürftig. Immerhin war es weder kalt noch windig.
Doch Mutter Natur meinte es äußerst gut mit uns. Denn schon bald klarte es auf und die Sonne kam hervor. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern sie schien von einem strahlend blauen Himmel herab. Da es immer noch recht windstill war, wanderten wir bald im T-Shirt. Das hätte ich mir selbst so weit im Süden für Mitte Februar nicht träumen lassen.
Der Weg führte beständig durch den Wald, der zu dieser Jahreszeit natürlich noch komplett kahl war. Zumindest bis auf einige rhododendronartige Bäume. Wir kamen gut voran und traffen bald darauf an der Stover Creek Shelter ein, wo wir uns eine kleine Mittagspause gönnten. Hier trafen wir auch das amerikanische Pärchen wieder, was die vergangene Nacht in der Springer Mountain Shelter verbracht hatte und mit denen wir schon kurz gesprochen hatten.
Gut gestärkt ging es dann am Nachmittag weiter Richtung Hawk Mountain Shelter. Eine Shelter ist eine meist nach einer Seite offene, sehr einfache Hütte ohne jegliche Einrichtung, in der in der Regel zwischen 5 und 15 Personen übernachten können. Auf dem A.T. gibt es mehrere hundert dieser Shelter, so dass man eigentlich immer die Chance hätte, unter einem Dach zu schlafen. Wir hatten aber bereits gehört, dass die Shelter nicht nur bei den Wanderern, sondern auch bei den Mäusen recht populär sind und uns daher darauf eingerichtet, vornehmlich im Zelt zu schlafen.
Und so haben wir bei der Hawk Mountain Shelter nur noch einmal Wasser gefasst und uns entschieden, anschließend noch zwei weitere Meilen zum Horse Gap zu laufen. Das war zwar etwas schade, denn in der Shelter hatten es sich schon sympathische Leute bequem gemacht, aber wir wollten nicht schon 15 Uhr den Tag beenden.
Als wir am Horse Gap ankamen, waren das dann 10,5 Meilen oder umgerechnet fast 17 Kilometer – gar nicht mal so schlecht für den ersten Tag. Wir waren jedenfalls ein bisschen stolz auf uns. Mit Gap wird hier auf dem südlichen A.T. übrigens ein Sattel zwischen zwei Bergen oder Hügeln bezeichnet.
Am Horse Gap trafen wir dann auch auf Jerry, der mit seinem Auto in den Bergen unterwegs war und Tageswanderungen entlang des A.T. unternimmt. Er war ein wirklich angenehmer Zeitgenosse, mit dem wir uns sehr angeregt unterhalten haben. Später brachte er uns dann auch noch 3 Snickers vorbei, die ein vorzügliches Dessert abgaben. Eine solche unerwartete und unaufgeforderte Hilfestellung nennt man hier übrigens Trail Magic – und wir sollten sie in den nächsten Tagen noch häufiger erfahren.
Die Nacht hatte es dann in sich. Das Gewitter, das die vergangenen Tage über schon Trailgespräch gewesen war, entlud sich über uns. Wir kamen dabei aber eigentlich ganz gut weg, denn bis auf ein bisschen Wasser im Zelt haben wir die Nacht gut überstanden. Vor allem regnete es am nächsten Morgen nicht mehr und der Wind blies so heftig, dass die Ausrüstung und große Teile des Trails beim Aufwachen schon wieder trocken waren. Wir haben also alles in allem sehr gut geschlafen. Vermutlich sogar besser als Jerry, der in seinem Auto neben uns genächtigt hat und so beunruhigt um uns war, dass er während der Nacht immer mal wieder geschaut hat, ob es uns schon weg geschwämmt hat.
Nach dem Aufbruch zeigt sich aber wieder die schöne Seite von Georgia. Die Sonne kann bald heraus und trieb uns wieder im T-Shirt über den Trail. Die vielen kleineren Berge und Hügel ließen uns schnell merken, dass wir noch nicht ganz in Form waren. Aber wir wollten es die ersten Tage sowieso etwas ruhiger angehen lassen und so beendeten wir diesen zweiten Tag auf dem Trail ebenfalls bereits nach 10,5 Meilen an der Straßenkreuzung von Woody Gap. Nicht gerade Wildnis, aber letztlich doch eine gute Wahl wie sich noch zeigen sollte. Denn nach dem Abendessen bekamen wir kurz Besuch von einer kleinen Trail- Berühmtheit. „Fresh ground“ kam vorbei und verwickelte uns gleich in ein Gespräch. Er ist deshalb eine kleine Berühmtheit, weil er jedes Jahr an verschiedenen Stellen des A.T. seinen Stand aufbaut und die hungrigen Hiker mit allerlei Köstlichkeiten verwöhnt. Er macht das aus reinem Spaß an der Freude. Das notwendige Geld für die Zutaten spenden ihm die Gefütterten. Leider waren wir 10 Tage zu früh dran und kommen somit nicht in den Genuss seine Leckereien wie Pancakes, Rühreier, Würstchen und anderer Dinge.
Die Nacht verlief trotz naher Straße sehr entspannt. Am Morgen stand dann gleich wieder fresh ground vor unserem Zelt und entschuldigte sich, dass er das Frühstück noch nicht fertig hatte. Der Supermarkt in der Stadt hatte leider noch geschlossen. Wir hatten natürlich unser eigenes Frühstück dabei, hätten aber gegen Eier und Speck nichts einzuwenden gehabt. So wurde es wieder Porridge beziehungsweise Oatmeal wie es hier heißt.
Eigentlich wollten wir an dem Tag ja mal etwas früher starten, aber fresh ground erteilte uns erst einmal eine „Schulstunde“ zum Thema Nahrungsmittel auf dem Trail. Das hat richtig Spaß gemacht – sowohl ihm als auch uns. Letztlich mussten wir aber doch los und es ärgert uns bis heute, dass wir ihn und seinen Stand wahrscheinlich immer verpassen werden. In gewisser Weise haben wir ihn aber trotzdem immer bei uns, denn er hat uns einen größeren und stabilen Karabiner geschenkt. Unserer hatte beim Versuch, den Proviant bärensicher am Baum aufzuhängen, unter der Last nachgegeben und sich komplett aufgebogen. Er war danach nur noch Schrott. Jetzt sind wir aber auch für die bärensichere Unterbringung von viel Proviant ausgerüstet.
Tag 3 brachte dann auch wieder einige Auf’s und Ab’s inklusive dem Aufstieg zum gefürchteten Blood Mountain. Das ist der erste wirklich höhere Berg nach Beginn des Trails mit 4461 Fuß Höhe. Da aber die Sonne erneut mit uns war und die Temperatur wieder circa 15 Grad betrug, war es für uns eher ein entspannter Aufstieg. Zumindest wenn man die Bilder aus dem letzten Jahr sieht, wo die Leute um diese Zeit durch fast kniehohen Schnee gestapft sind. Auf dem Anstieg haben wir dann auch wieder ein wenig Trail Magic erleben dürfen, denn wir bekamen 3 reife und saftige Birnen geschenkt, die eine Frau nicht wieder mit nach unten tragen wollte. Oben auf dem Berg genossen wir den Ausblick auf die Umgebung und den wolkenlosen Himmel und ließen uns die Birnen in der prallen Sonne schmecken. Dabei vergaßen wir natürlich nicht, Mutter Natur für das fantastische Wetter zu danken.
Doch irgendwann zog es uns weiter, denn bis zu unserem Tagesziel Neels Gap waren es nur noch 2,5 Meilen. Dort wollten wir das erste Mal auf dem Trail in einem Hostel schlafen. Platz dafür gab es auch genug, denn die eigentliche Hiker season beginnt erst am 1. März.
In Hostel treffen wir auch timeout und crunchie wieder. Das britische Pärchen wandert ebenfalls den A.T. Richtung Norden. Auch sie sind wirklich sehr nett und wir würden uns freuen, ihnen noch häufiger über den Weg zu laufen.
Zum Abendbrot gab es dann Nudeln mit Pesto, aber vor allem auch Steaks. Die wiederum waren erneut Trail Magic von den Hostel Mitarbeitern, die sich beim Einkauf etwas übernommen hatten und nun massenweise Steaks übrig hatten. Philipp und ich haben jeweils vier verdrückt, während sich Katerina mit zwei Stück begnügte. Lecker! So gestärkt konnten wir satt und zufrieden ins Bett gehen. Es waren bislang drei wirklich tolle Tage auf dem A.T. dachten wir zufrieden beim Einschlafen.
Statistik zu diesem Abschnitt
Reisezeitraum: 20.02.2014 – 22.02.2014
Tage auf dem Appalachian Trail insgesamt: 3
Gewanderte Kilometer in diesem Abschnitt: 51,0
Gewanderte Kilometer auf dem Appalachian Trail insgesamt: 51,0
Trail Magic auf diesem Abschnitt:
– 3 Snickers von Jerry
– Poptarts, Erdnussbutter und Karabiner von Fresh Ground
– 3 frische Birnen von einer netten Frau
– Steaks vom Neels Gap Hostel
Basisstation
Hallo liebes Trio,
es macht Spass Eure Berichte zu lesen! Schön das es auch viele nette Leute gibt, die sich um Euer Wohl sorgen.
Wir glauben noch immer, dass Ihr Spaß habt und frohen Mutes unterwegs seid. Manchmal beneide ich Euch sogar ein bisschen und wäre gern bei dem ein oder anderen Erlebnis dabei. Doch einige Hemmschwellen gäbe es für mich da schon zu überwinden…… Wurde Philipp inzwischen getauft ?? Uns sind schon einige Namen eingefallen ;-)
Viel Spass weiterhin und nette Bekanntschaften wünschen Euch
V+M (V+C)
Horny
Ihr drei, Langer,
Wehmut und Fernweh begleiten mein Lesen. Freue mich für und mit Euch.
Bis bald!!
Philipp
Hey Horny! Dir würde die Tour mit Sicherheit auch gefallen. Aber per Blog bist du ja quasi dabei. Also fleißig weiter lesen! Und meld dich so mal, per Mail.
Ulf
Hallo Ihr 3,
wie ist das eigentlich hier in diesem Abschnitt geregelt? Ich habe gelesen, dass man hier bärensichere Behälter haben muss …
Robert
Hallo Ulf,
Das mit dem bärensicheren Behälter stimmt nur für einen kleinen Abschnitt von 5 Meilen zwischen Jarrad Gap und Neel Gap und auch nur zwischen 1. März und 1. Juni eines Jahres. Wenn man also nicht plant, ausgerechnet in diesem Abschnitt zu übernachten, braucht man den Behälter nicht.