Bekanntlich soll man sich ja das Beste zum Schluss aufheben. Und so freute ich mich schon riesig auf meine Schwimmtour mit dem größten Fisch der Welt – dem Walhai, die den krönenden Abschluss meines Australienaufenthaltes bilden sollte. Aber der Reihe nach.
Mein deutscher Mitreisender Michael und ich verließen also den Karijini Nationalpark und fuhren weiter Richtung Westen. Unser Ziel war das kleine Örtchen Exmouth im äußersten Nordwesten Australiens. Exmouth gilt aufgrund der Nähe zum Cape Range Nationalpark und zum Ningaloo Reef (übrigens genau wie das Great Barrier Reef an der Ostküste UNESCO Weltnaturerbe) als exzellente Ausgangsbasis für marine Tierbeobachtungen.
Die Fahrt dorthin verlief mal wieder unspektakulär. Gleich nach unserer Ankunft steuerte ich die Touristeninformation an. Ich wusste bereits, dass es eine ganze Reihe von Anbietern für Walhai-Exkursionen in Exmouth gab. Nun wollte ich mich beraten lassen, welche ich wählen sollte. So einfach machte es mir die Frau hinter dem Tresen aber nicht. Stattdessen reichte sie mir einen dicken Ordner, in dem alle Unternehmen vorgestellt wurden. Erfreulicherweise war aber gleich das erste Blatt eine Art Vergleichsübersicht, wo die Preise und gebotenen Leistungen aller Unternehmen sauber aufgelistet waren. Ich suchte mir ein paar Favoriten aus, schrieb mir die Adressen auf und zog wieder los.
Nachdem Michael und ich ein Hostelzimmer gebucht hatten, hieß es nun, einen Tourenanbieter für den nächsten Tag zu finden. Gleich beim ersten hatte ich Glück, dass für morgen noch ein Platz übrig war. Gerade als ich buchte wollte, sagte die nette Frau zu mir: „Ich muss Ihnen da aber noch etwas sagen. Wir haben morgen auch ein Kamerateam und zwei olympische Schwimmer an Bord. Ist das ein Problem für Sie?“ Nein, absolut kein Problem! „Ganz im Gegenteil“ sagte ich, und buchte die Tour! Die Namen ließ sie sich allerdings nicht entlocken. So musste ich auf den nächsten Tag warten.
Freundlicherweise gab sie mir noch die Nummer einer Bekannten, die wasserdichte Kameras vermietete. Denn anders als auf Samoa wollte ich diesmal die Unterwasserwelt nicht nur im Gedächtnis aufnehmen. Ich konnte es kaum erwarten und freute mich wie ein kleines Kind auf den nächsten Tag.
Gut ausgeschlafen wachte ich am nächsten Morgen auf und wartete vor dem Hostel auf den Tourbus. Der kam auch prompt, lud mich als letzten Teilnehmer ein und los ging die Fahrt zum Ningaloo Reef. Dort angekommen, hieß es umsteigen auf das geräumige Boot. In der üblichen Vorstellungsrunde erfuhr ich nun auch, dass es sich bei den australischen Olympioniken um Libby Tricket und Eamon Sullivan handelte. Ich schwamm heute also neben ehemaligen Weltrekordhaltern und mehrfachen Olympiamedaillengewinnern! Mal schauen, ob ich da überhaupt hinterher kam.
Anschließend wurden wir mit der nötigen Ausrüstung versorgt und durften diese dann gleich bei einem ausgiebigen Schnorchelgang testen. Eine gute Gelegenheit, mich auch gleich mal mit der Kamera vertraut zu machen und ein paar Fische und andere Meeresbewohner bildlich einzufangen.
Mittlerweile war auch das unternehmenseigene Erkundungsflugzeug in der Luft. Das wird eingesetzt, da sich aus der Luft die Walhaie und ihr Kurs deutlich besser erkennen lassen. Schon kurz darauf meldete es unserem Kapitän eine Sichtung und wird düsten mit Volldampf zur angegebenen Stelle.
Wir bekamen genaue Instruktionen, wie die folgende Begegnung mit dem größten Fisch der Welt nun abzulaufen hatte. Walhaie schwimmen einen recht gradlinigen Kurs. Daher ging mit Kamerafrau Cindy eine Person der Mannschaft ins Wasser, bestimmte den Kurs des Giganten und zeigt ihn uns Touristen an. Wir reihen uns derweil wie an einer Perlenkette im Wasser auf, lassen den Hai unter bzw. neben uns passieren und folgen ihm dann im Abstand von ca. 4 Metern.
Hört sich eigentlich ganz simpel an, oder? Und genau das war es auch. Wir wurden in zwei Gruppen zu jeweils zehn Leuten aufgeteilt und durften bald darauf ins Wasser. Und dann der Schock: Als Teil von Gruppe zwei sah ich – gar nichts. Kein Walhai irgendwo, wohin ich auch blickte. Gruppe eins kehrte jubelnd ins Boot zurück und ich verstand die Welt nicht mehr. Keiner aus meiner Gruppe hatte den Hai gesehen, obwohl wir nur ca. 30 Meter hinter der ersten Gruppe waren.
Des Rätsels Lösung war recht simpel: Der Hai war einfach getaucht. Doch ich hatte keine Zeit, mich darüber zu ärgern, denn schon meldete das Flugzeug die nächste Sichtung. Diesmal durfte natürlich meine Gruppe zuerst ins Wasser. Und was ich dann sah, überwältigte mich förmlich. Ganz grazil schwomm der ca. sechs Meter lange Koloss in wenigen Metern Entfernung vorbei. Wir schwommen hinterher, was die Muskeln hergaben und konnten doch gerade so mit ihm mithalten. Seine Schwanzflosse bewegte sich dabei nur minimal. Erstaunlich, welche perfekte Anpassung an den Lebensraum die Natur hier über Jahrmillionen hervorgebracht hat.
Nach ca. 70 Metern brach unser Guide das Hinterherschwimmen ab. Es war zwar ungemein anstrengend, dem Hai zu folgen, aber ich wollte das Erlebnis ja bestmöglich ausnutzen. Vielleicht war das meine einzige Walhaisichtung heute und dann jetzt schon abbrechen? Doch die Sorge war unbegründet. Ganz im Gegenteil!
Als wir zum Schiff zurück schwammen, trieb uns ein Besatzungsmitglied zur Eile an. Das Flugzeug war erneut erfolgreich gewesen und wir mussten los, um den nächsten Walhai nicht zu verpassen. In den folgenden zwei Stunden wiederholte sich die Prozedur noch weitere sechs Mal. Sichtung folgte auf Sichtung. Insgesamt sah ich an diesem Tag also sieben Walhaie, wobei ich noch nicht mal sagen kann, ob ich ein Tier dabei mehrfach gesehen habe.
Nach den zwei Stunden war ich auch ganz schön fertig. Obwohl wir immer nur wenige dutzend Meter hinter den Fischen herschwammen, musste man doch alles aus sich herausholen, um halbwegs Schritt zu halten. Doch als wir nach der letzten Begegnung aus dem Wasser krabbelten, war der Besatzungsmann schon ganz aufgeregt und gratulierte uns zu unserem Glück. Das Flugzeug hatte nämlich zum ersten Mal in dieser Saison auch Mantarochen entdeckt. Logisch, dass wir uns dieses Naturschauspiel nicht entgehen lassen wollten!
Das Mittagessen musste also noch warten, denn zuerst statteten wir den Mantarochen einen Besuch ab. Erfreulicherweise schwammen diese Riesen im Kreis, so dass ihre Beobachtung deutlich kraftsparender war. Drei Mantarochen unterschiedlicher Größe drehten nun also um unsere Gruppe ihre Kreise. Auch hier war es überwältigend mit anzusehen, wie diese wunderschönen Tiere durch das Wasser glitten.
Irgendwann hatten sie wohl aber genug von uns, entschieden sich für eine Richtung und schwammen schnurstracks davon. Wir kletterten zurück auf das Boot und genoßen das Mittagsbuffet. Zum Ausklang des Tages ging es anschließend noch mal zu einer schönen Schnorchelstelle, bevor wir den Heimweg antraten. Dieser Ausflug hatte sich auf jeden Fall gelohnt! An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an das Team von Ocean Eco Adventures, deren Fotografin Cindy sich auch für viele der hier gezeigten Fotos verantwortlich zeichnet. Und dank des TV-Teams an Bord gibt es auch zwei kurze Video-Clips unseres Ausfluges.
Zurück in Exmouth gab ich die Kamera wieder ab und holte Michael am Hostel ab. Was antwortet man denn auf die Frage „Und? Wie war es?“ von jemandem, der nicht dabei war? Ich gab mir Mühe, aber letztlich muss man es wohl selbst erleben, um es richtig begreifen zu können.
Da wir unseren Mietwagen am übernächsten Tag in Perth wieder abgeben mussten, fuhren wir noch ein Stück in Richtung der Millionenstadt und parkten wie gewohnt am Straßenrand, um zu übernachten. Eigentlich hatte ich gedacht, dass nun alle Abenteuer in Australien erlebt waren und ich mich gedanklich schon auf die Heimreise einstellen konnte, doch da hatte ich mich getäuscht. Aber das ist dann wohl schon wieder eine andere Frischluftgeschichte.
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