Nach genau drei Monaten Abwesenheit landete ich nun wieder in Melbourne, Australien. Ich hatte nun noch knapp sechs Wochen Zeit, den Ost- und Nordteil dieses riesigen Landes zu erkunden. Da dieses Zeitfenster natürlich nicht mal im Ansatz ausreicht, um „alles“ zu sehen, musste ich mich fokussieren. Und ich legte den Schwerpunkt ohne zu zögern auf das Outback und den Nordteil, da mir diese Teile interessanter als die Ostküste erschienen. Doch nach Norden musste ich natürlich erst einmal kommen. Und was lag da näher, als die Ostküste hochzufahren und so zumindest auch ein bisschen davon zu sehen?
Doch zuerst einmal war ich nun in Melbourne und wollte mir ein paar Tage in dieser Stadt gönnen, die mir bei meiner ersten Stippvisite im Januar schon gut gefallen hatte. Ich holte also mein Auto am Flughafen ab und fuhr in die Stadt. Dort leuchteten mir gleich große Plakate des aktuell stattfindenden Melbourne Comedy Festival entgegen. Das Angebot war praktisch unüberschaubar, doch letztlich entschied ich mich für zwei Shows.
Die erste davon war eine Puppenspielershow, bei der insgesamt sechs (!) Menschen zwei Puppen (Boris und Sergey) bewegten. Es war durchaus auch lustig, aber beeindruckend war vor allem, wie die sechs es verstanden, den Puppen realistisches Leben einzuhauchen. Respekt! Gleich darauf folgte die nächste Show. Ein Solokünstler bat unter kräftiger Mithilfe des Publikums eine Stunde klassisches Improvisationstheater dar. Auch sehr gut!
Der nächste Tag begann mit einer geführten Tour durch Melbournes Innenstadt. Erfreulicherweise wurde die von einem einheimischen Freiwilligen durchgeführt und wir waren nur drei Teilnehmer (übrigens alle Deutsche). So konnte die Tour gut auf unsere Bedürfnisse angepasst werden. Wir sahen uns die vielen kleinen Gassen und Sträßchen an, für die Melbourne berühmt ist, warfen einen Blick auf alte Gebäude jeglicher Art und auf neue Graffiti.
Als die Tour zuende war, zogen wir drei Deutschen noch geschlossen weiter zu den ebenfalls berühmten „Brighton Beach Boxes“ in Brighton, einem Vorort von Melbourne. Diese Strandhäuser liegen nicht nur an einem schönen Strand mit tollem Blick auf Melbourne, sondern sind auch in vielerlei Designs bunt angemalt. Nett gemacht!
Als letzte „Sehenswürdigkeit“ von Melbourne schaute ich mir noch ein Spiel im Australian Football an. Davon hatte ich schon viel gehört, aber noch nie ein Spiel gesehen. Nun war es also soweit und noch dazu im berühmten Melbourne Cricket Ground. Doch was sich da vor mir entfaltete, konnte mein Herz nicht gewinnen. Eher im Gegenteil. Der Sport entpuppte sich für mein laienhaftes Auge als eine Mischung aus Handball, Fußball und Rugby. Alles in allem hatte es Ähnlichkeit mit einer herzhaften Schulhofprügelei. Das war also nichts.
Nun aber raus aus Melbourne und auf nach Norden! Das nächste Ziel war die australische Hauptstadt Canberra, doch dazwischen gab es ja auch so einiges zu sehen. Zum Beispiel eine kleine Käserei im Landstrich Gippsland, der Milchproduktehochburg von Australien, wo ich mir eine sehr leckere Käseplatte gönnte. Oder auch die Grand Ridge Road, eine kurvenreiche Straße, die durch sehr schöne Hügel- und Waldlandschaft führte.
Und natürlich der Mount Kosciuszko National Park mit dem gleichnamigen Berg, dem höchsten auf dem australischen Festland (2.228m). Praktischerweise lag dieser genau auf dem Weg nach Canberra. Also stattete ich ihm einen Besuch ab. Man kann bis auf ca. 9 km an den Gipfel heranfahren, was ich auch tat. Ab da war wandern angesagt. Der Weg ist sehr gut ausgebaut und die Landschaft wunderschön alpin. Der Berg selbst dagegen ist eine eher unspektakuläre „Kuppe“ in der Landschaft. Doch der alternative Rückweg zum Auto war dagegen fast noch schöner, als der Hinweg und führte über einen deutlich ursprünglicheren Pfad.
Von dort war es nur noch ein Katzensprung bis Canberra. Die Stadt wurde nur deshalb Australiens Hauptstadt, weil sich Sydney und Melbourne nicht einigen konnten, welche dieser beiden Städte die Ehre haben sollte. Canberra war dann die Kompromisslösung. Auch so geht Geschichte.
Ähnlich wie in Washington, D.C. in den USA, gibt es auch in Canberra eine Vielzahl von Museen, von denen die meisten kostenlos sind. Und natürlich auch das australische Parlament, das ich als erstes besichtigte. Ein interessanter Mix aus ungewöhnlicher Architektur und australischem Parlamentarismus mit vielen britisch-amerikanischen Einflüssen. Erstaunlicherweise konnte mir aber niemand im Parlament erklären, was denn nun genau der Unterschied zwischen den australischen Bundesstaaten („states“) und den Territorien („territories“) ist. Also musste Wikipedia für die Beantwortung dieser Frage herhalten.
Weiterhin besuchte ich das Australian War Memorial. Da mein Besuch nur wenige Tage vor dem 100. Jahrestages der Schlacht von Gallipoli im Rahmen des ersten Weltkrieges stattfand, war der Andrang entsprechend groß. Diese Schlacht hat bis heute herausragende Bedeutung sowohl für Australien, als auch für Neuseeland, die damals das Australian and New Zealand Army Corps (ANZAC) zur Unterstützung Großbritanniens nach Europa sanden. Bis heute wird der desaströsen Schlacht in beiden Ländern mit dem ANZAC-Day als nationalem Feiertag am 25. April gedacht.
Als letztes stattete ich noch dem National Museum of Australia einen Besuch ab. Es bat nicht nur eine erstaunliche Architektur, sondern auch eine sehr große Bandbreite an australischer Geschichte und Kultur. Doch ich war geistig noch ziemlich von den Ausstellungen im War Memorial beansprucht, so dass ich mich nicht voll darauf konzentrieren konnte.
So entschied ich mich, nun mein nächstes Ziel Sydney anzupeilen. Auf dem Weg dorthin lag das kleine Örtchen Braidwood, in der es nach Aussage der Hostelmitarbeiterin die besten Pies gab (eine Art gefüllte, herzhafte Pastete), die in Australien und Neuseeland eine vergleichbare Stellung im kulinarischen Gefüge haben wie bei uns die Bratwurst. Die Trappers Bakery war schnell gefunden und ich muss sagen, dass die Pies wirklich exzellent waren. Vor allem der Curry Pie war wirklich gut!
Doch nun ab nach Sydney! Nach den guten Erfahrungen in Melbourne entschied ich mich auch hier, eine geführte Tour mitzumachen. Und auch das war eine gute Entscheidung, denn so erfuhr ich eine ganze Menge über Australiens älteste Stadt. Natürlich gipfelte die Tour dann unvermeidlich am Hafen, wo sich sowohl die weltberühmte Oper als auch die nicht weniger bekannte Harbour Bridge befinden.
Nach diesem urbanen Ausflug zog es mich aber wieder in die Natur. Praktischerweise befinden sich nicht weit von Sydney der Nationalpark der Blue Mountains. Diese Sandsteinberge gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe und erinnerten mich stark an das Elbsandsteingebirge in Sachsen.
Hier unternahm ich eine Reihe von kleineren Wanderungen, von denen der National Pass – Wanderweg mit Abstand der schönste und beeindruckendste war. Dieser Wanderweg war insofern besonders, als dass er nicht ober- oder unterhalb der steilen Klippen, sondern auf halber Höhe zwischen oben und unten verläuft. Das erlaubt fantastische Ausblicke in die weite Landschaft, auf die uralten Felsformationen sowie diverse majestätische Wasserfälle.
Aber ich wollte die Blue Mountains noch auf eine andere Weise erkunden – per Canyoning. Also buchte ich eine entsprechende Tour für den nächsten Tag. Zum Glück waren wir erneut eine recht kleine Gruppe, so dass sich schnell eine freundliche Gruppendynamik entwickelte. Der Vormittag bestand aus mehreren Abseilungen, von denen die längste 30 Meter lang war. Natürlich hatte man so nah am Fels auch ein ganz anderes Gefühl für die Berge.
Am Nachmittag ging es dann in den eigentlichen Canyon. Wir zogen uns Neoprenanzüge an, die uns vor dem kalten Wasser schützen sollten, und betraten das Bachbett. Diverse Sprünge, natürliche Rutschen und einfaches Laufen im Wasser brachten uns dann dem Höhepunkt der Tour entgegen – einem 30 Meter hohen Wasserfall, den es abzuseilen galt. Ein sehr anspruchsvolles Vorhaben, das wir aber alle gut überstanden. Wir waren uns danach alle einig, dass sich diese Tour auf jeden Fall gelohnt hat und wir so die Blue Mountains noch mal auf ganz andere Weise kennengelernt haben.
Sehr zufrieden setzte ich meine Fahrt Richtung Norden fort. Zwischen Sydney und der nächsten größeren Stadt Brisbane gibt es sicher auch viel zu sehen, doch ich wollte mir meine zur Verfügung stehend Zeit hauptsächlich für den Norden aufsparen. Also stattete ich nur dem Glashouse Mountains Nationalpark mit seinen skurrilen Vulkankegeln sowie dem Hello Koala Trail in Port Macquarie (eine Reihe von überlebensgroßen Koalastatuen) einen Besuch ab und fuhr den Waterfall Way entlang, auf dem vor allem der Wollomombi Wasserfall Eindruck auf mich machte.
Und dann war ich auch schon in Brisbane. Hier streifte ich eher entspannt durch die Straßen, statt mir etwas bestimmtes anzusehen. Ich genoss einfach ein wenig das sehr relaxte Lebensgefühl, für das die Stadt bekannt ist. Als mir aber jemand vom Oliteration Room Kunstprojekt in der Queensland Art Gallery erzählte, konnte ich nicht widerstehen und sah ihn mir an.
Die japanische Künstlerin Yayoi Kusama hat dort einen komplett weißen Raum geschaffen und im Anschluss die Besucher aufgefordert, ihm mit Hilfe von kleinen und großen Klebepunkten Farbe hinzuzufügen. Da ich am letzten Tag des Projektes dort war, war der Raum schon über und über „bepunktet“. Vor allem die vielen Kinder hatten sichtlich ihren Spaß. Ich hingegen behielt meine Punkte und übertrug Kusamas Idee auf mein Auto. Seitdem zieren meinen 96’er Hyundai eine Reihe bunter Klebepunkte.
Von Brisbane aus wollte ich nun eigentlich ins australische Outback Richtung Darwin abbiegen. Doch dann hätte ich ja das Great Barrier Reef verpasst und das ging ja nun wirklich nicht! Also suchte ich nach einer Möglichkeit, dessen vielfältige Unterwasserwelt doch noch zu Gesicht zu bekommen und stieß auf Lady Musgrave Island, eine Koralleninsel im südlichen Teil des Great Barrier Reef. Die Touren dorthin gingen von einer kleinen Ortschaft mit dem seltsamen Namen 1770 ab. Dort fuhr ich also hin und buchte ein Ticket.
Die Tour wurde ein voller Erfolg! Etwa anderthalb Stunden fuhren wir zu der kleinen Koralleninsel. Dort angekommen wurden wir zuerst zu einem informativem Inselrundgang übergesetzt, bevor wir mit einem Glasbodenboot über das die Insel umgebende Riff fuhren. Dabei konnten wir nicht nur eine Menge unterschiedlicher Korallen und Fische beobachten, sondern auch eine Reihe von Schildkröten.
Die wollten alle natürlich noch genauer in Augenschein nehmen und so ging es anschließend schnorcheln. Im Gegensatz zu meinem kurzen Zusammentreffen mit Schildkröten auf Samoa waren diese hier offenbar schon so an Menschen gewöhnt, dass sie sich nicht groß in ihrem Tagesgeschäft stören ließen und man sie so gut beobachten konnte. Doch neben den Schildkröten gab es auch noch viele andere interessante Meeresbewohner wie Fische, Tintenfische, Seegurken, Korallen und Muscheln zu sehen. Am Ende des Tages war ich dann zwar recht erschöpft, aber sehr glücklich. Und wurde auch noch mit einem herrlichen Sonnenuntergang belohnt.
Nun war ich aber wirklich bereit für Australiens Norden und das Outback. Auch wenn das bedeutete, dass ich Cairns und alles weitere an der Ostküste auslassen musste. Aber dafür reichte einfach die Zeit nicht. Und so verließ ich in Rockhampton die Küste und wandte mich dem roten Zentrum Australiens zu. Aber das ist schon eine neue Frischluftgeschichte.
Damian
Hi,
seit ihr den Appalachian trail zusammen gelaufen seit, checke ich regelmäßig diese Website. Eure/deine Erfahrungen sind immer so schön und persönlich geschrieben, dass es einfach spaß macht zu lesen und fotos zu schauen. Ich freu mich immer schon auf die nächste Ausgabe. Nun ist das letzte Update schon sooooo lange her und ich verzweifle ohne Lesestoff :)
Ist noch alles in Ordnung? Oder bist du gerade im Outback?
Grüße Damian
Robert
Hallo Damian,
danke für Dein Lob! Das freut mich sehr! Es ist natürlich überhaupt nicht gut, dass Du ohne neuen Lesestoff verzweifelst. Mir geht es aber gut und ich bin mittlerweile auch schon wieder in Deutschland. Das ist der Hauptgrund für die Verzögerung. Ich hoffe, ich komme noch im Juni zu weiteren Einträgen, aber momentan hat mich das Leben zu Hause doch schon wieder ganz intensiv im Griff. Sei aber gespannt, denn es gibt noch spannende Frischluftgeschichten zu erzählen!
Viele Grüße
Robert