Zum Frühstück teilt Pillow seinen Geburtstagskuchen mit uns, den ihm seine Freundin geschickt hat.
Anschließend machen wir uns auf den Weg. Die Sonne lacht mit uns und Connecticut erweist sich zumindest zu Beginn als gut zu bewältigender Trail-Abschnitt.
Doch dann stehen wir plötzlich wieder vor größeren Bergen und unsere eigentlich durchtrainierten Beinmuskeln werden seit längerem mal wieder herausgefordert. Und das lassen sie uns spüren! Gut, dass die letzten vier Meilen des Tages eben, parallel entlang eines Flusses, verlaufen.
Gegen halb sechs, wir sind noch 1,3 Meilen von der nächsten Shelter entfernt, zieht ein heftiges Unwetter auf und es beginnt zu regnen. Somit nehmen wir nochmal all unsere Kraft zusammen und laufen so schnell es geht zur Hütte. Dort haben bereits drei andere Thru-Hiker Unterschlupf gesucht, aber für uns ist auch gerade noch Platz. Wir überlegen kurz, doch noch weiter zulaufen, denn der nächste Ort, in dem es ein Motel gäbe ist nicht mehr weit. Letztlich entscheiden wir uns aber dagegen und richten uns gemeinsam mit unseren Wanderfreunden häuslich ein. Das wird eng heute Nacht, hoffentlich schnarcht keiner.
Um halb sechs klingelt der erste Wecker und der erste Hiker ist schon auf dem Weg, bevor wir richtig die Augen aufgemacht haben. Eine halbe Stunde später sind aber auch wir richtig wach und der Tag kann starten. Geschlafen haben wir eher mäßig, aber es nützt ja nichts, wir müssen weiter. Da wir uns für kommenden Freitag bereits ein Zimmer in Sheffield reserviert haben, wollen wir heute und morgen jeweils ca. 18 Meilen laufen, um Freitag einen entspannten Nero zu haben.
Auch heute geht es wieder ordentlich auf und ab und das bei 25 Grad. Um keinen Sonnenstich zu bekommen, kühlen wir uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit ab. So ist es auch nicht schlimm, als wir gegen Mittag einen knietiefen Fluss durchwarten müssen. Theoretisch könnte man auch drumherum gehen, aber das wäre ein Umweg, also nehmen wir den (sogar eingezeichneten) Weg durch das kühle Nass.
Der Tag endet schließlich in „Falls Village“, einem kleinen Ort, wo wir zunächst einmal den Getränkeladen stürmen. Wir haben keine Lust mehr auf Wasser, sondern wollen unbedingt eine kalte Cola. Nachdem wir unseren Durst gestillt haben, laufen wir noch ein paar Meter weiter zum „Toymaker Café“. Der Inhaber ist sehr freundlich und lässt Wanderer in seinem Garten zelten. Morgen früh ab um sechs warten dann Kaffee, Crêpe und Omlettes auf uns. Das sind gute Aussichten!
Nach einem ausgiebigen Frühstück beißen wir in den sauren Apfel und laufen trotz Regen los. In den frühen Morgenstunden hat es angefangen und soll die nächsten Stunden leider noch weiter anhalten.
Aber wir haben mal wieder Glück, denn schon nach wenigen Stunden kommt die Sonne wieder durch und der Regen lässt nach. Der Rest des Tages verläuft ohne größere Besonderheiten. Abends zelten wir auf dafür vorgesehenen Zeltplateaus, in der Nähe einer schönen Wasserquelle.
Heute kommen wir am Morgen schnell in die Gänge, da wir nach 9,3 Meilen von einer netten Dame namens Heath abgeholt und nach Sheffield gefahren werden. Ihre Freundin, die dieses Wochenende nicht zu Hause ist, vermietet Zimmer inkl. Waschen der Wäsche, Internet und Frühstück. Vor allem unsere Wäsche muss dringend einmal wieder gewaschen werden.
Zum Abendbrot holen wir uns Pizza vom „Italiener“ um die Ecke. Da wir Hunger haben, bestellen wir drei große Pizzen und bereuen dies schon kurze Zeit später sehr. Merke: In Amerika ist „groß“ riesig und entspricht einer Familienpizza in Deutschland. Selbst mit Hiker-Hunger können wir diese riesigen Waagenräder nicht verspeisen.
Morgens macht uns Heath Frühstück und fährt uns anschließend zurück zu der Straße, von der sie uns gestern abgeholt hat.
Die ersten paar Meilen verläuft der Trail sehr eben und ist hier in Massachusetts endlich auch nicht mehr so steinig. Dafür sind die An- und Abstiege jedoch länger und auch steiler. Doch daran können wir uns schon einmal gewöhnen und quasi üben, bevor wir die nächsten drei Staaten betreten.
Am Nachmittag erleben wir eine Überraschung an einer der Shelter, an der wir vorbeilaufen. Zwei ehemalige Thru-Hiker haben dort eine riesige Kühlbox mit Getränken, Süßigkeiten, Obst und Hot Dogs hingestellt, aus der wir uns bedienen können. Großartig! Wir sind sehr dankbar für die Snacks und laufen gut gestärkt weiter.
Nach weiteren 7,1 Meilen erreichen wir die Wilcox Mountain North Shelter und entscheiden dort auch zu bleiben. Außer uns schläft auch Emerald hier, eine lustige Thru-Hikerin, die wir bereits ein paar mal entlang des Weges getroffen haben. Und auch vor Bären brauchen wir diese Nacht keine Angst zu haben, denn ein Section-Hiker wandert den Trail mit seinem Hund, der die Shelter sicher gut bewachen wird.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg. Etwa 23 Meilen sind es bis zur nächsten Shelter. Ob wir das wohl schaffen? So einen langen Tag hatten wir schon lange nicht mehr. Da der Weg sich jedoch recht einfach laufen lässt, ohne viele Steine oder ähnliches, kommen wir gut voran.
Es ist aber wieder einmal sehr heiß und während der Schweiß in Strömen fließt, träumen wir von einer kalten Cola. Diese soll es laut unseres A.T.-Führers ganz in der Nähe, in einem Hotel, geben. Während Philipp und ich warten, geht Robert die extra Meter und kommt kurze Zeit später mit leeren Händen zurück. Die Cokes sind ausschließlich Gästen des Hotels vorbehalten. Was für ein Blödsinn denken wir uns enttäuscht. Also nehmen wir noch einen Schluck Bachwasser und machen uns auf zur Shelter.
Um kurz vor neun, im Halbdunkel, erreichen wir unser Ziel, die October Mountain Shelter. Da es schon so spät ist und wir ziemlich erschöpft, müssen heute Snacks zum Abendbrot reichen. Wir wollen nicht noch kochen, sondern einfach nur in die Falle. Da es keine geeigneten Zeltplätze gibt, legen wir uns in die Shelter. Hoffentlich fressen uns die Mosquitos nicht auf.
Nach 11,2 Meilen erreichen wir heute den kleinen Ort Dalton, Massachusetts. Auf dem Weg kommen wir bei der „Cookie Lady“ vorbei, einer älteren Dame, die Wanderer mit selbst gebackenen Keksen versorgt. Heute ist sie selbst leider nicht zu Hause, aber ihr Mann schenkt uns die Cookies und verkauft uns außerdem frische Hühnereier und Cola.
In Dalton angekommen, steuern wir direkt das Shamrock Inn, ein Motel an. Es ist gerade einmal 14 Uhr und so haben wir noch den ganzen Nachmittag, um uns auszuruhen. Das Waschen unserer Klamotten übernimmt die Motel- Angestellte, während wir uns duschen und entspannen.
Anschließend heißt es mal wieder einkaufen gehen. Da wir recht hungrig sind, entscheiden wir besser vorher etwas zu essen. Das All-You-Can-Eat-Buffet neben dem Supermarkt kommt uns daher wie gerufen. Wir laben uns an internationalen Speisen bis uns fast die Bäuche platzen und gehen danach einkaufen. Satt wie wir sind, besteht nun die Gefahr, zu wenig Essen für die nächsten Tage einzukaufen. Nur gut, dass wir mittlerweile wissen, wie viel und was wir so brauchen. So packen wir einfach alles ein und eilen in Windeseile zur Kasse. Netterweise fährt uns ein Mann mit seinem Sohn zurück zum Motel, so dass wir die eben zu uns genommenen Kalorien nicht gleich wieder bei einem Fußmarsch verbrennen.
Statistik zu diesem AbschnittReisezeitraum: 03.06.2014 – 08.06.2014
Tage auf dem Appalachian Trail insgesamt: 109
Gewanderte Kilometer in diesem Abschnitt: 164,2
Gewanderte Kilometer auf dem Appalachian Trail insgesamt: 2518,9
Trail Magic auf diesem Abschnitt:
– Kühlung von ehemaligen Thru-Hikern mit Sodas, Hot Dogs und Früchten
– Kekse von der legendären „Cookie Lady“
– Fahrt vom Supermarkt zurück zum Motel
Inge Wölke
Liebes Wandertrio,
Fröhlicher Wochenbeginn mit Eurem Bericht und schönen Fotos. Robert und Eichhörnchen -super. Über 100 Tage ist der Wald nun schon Euer zu Hause und für den Rest des Weges wünschen wir alles Gute. Liebe Grüße aus der Ferne OI und OH
christiane
Nicht mehr weit! Und ich bin schon sehr auf Euer Video gespannt und was Euch so im Kopf rumgeht beim ganzen Wandern und wie Ihr die Fragen beantwortet!
Robert
Wir haben aktuell überhaupt keine Zeit für den Videoschnitt – nur fürs Wandern. Es wird also noch eine Weile dauern. Es kommt aber! Auch wenn dann die Wanderung schon vorbei ist.
Basisstation
Liebes Trio,
schön, dass es wieder eine Geschichte von Euch gibt. Schöne Fotos, schöne Natur und Motive. Langsam kommt das Ziel immer näher. Sicher könnt Ihr es schon „sehen“. Wir wandern in Gedanken mit Euch mit und freuen uns schon auf unser gemeinsames Wiedersehen. Bis dahin noch viele nette Begegnungen und viel körperliche Kraft, um die anstehenden „Höhen“ zu meistern. Auf geht’s!!
Liebe Grüße an Euch drei aus der kühlen Heimat (16 °C) von
VaT u.MuT (C+V)
Beate
Liebe Thru-Hiker,
wir nennen Euch schon mal so, da Eure Geschichten immer voller Elan und Optimismus klingen, Ihr so schöne Fotos macht und Ihr Euer Ziel ganz bestimmt erreichen werdet! Bisher habt Ihr jede Hürde mit Bravour gemeistert! Wir stehen hinter Euch und „schieben “ etwas mit!
Passt bloß auf die Viecher auf!!!!
Wir sind sehr stolz auf Euch Drei, besonders unser Wall- E läuft und läuft und läuft……….
Liebe Grüße von Uwe und Beate ( P+M )
Tom
Hi Thru-Hiker,
lese begeistert eure Geschichten. Gratulation das ihr so weit schon gekommen seid. Freud euch. ihr kommt jetzt so langsam, wie ich finde, in den schönsten Abschnitt des Trails. Wünsche euch viel Glück und Magic bis zum „Big K“.
Roadrunner (Class of 2013)
German Tourist
Das Pizza-Bild ist grossartig! Man kann nur schwer feststellen, was grösser ist: Euer erfreutes Grinsen oder die Pizza…
Robert
Die Pizza war größer, wie wir leider feststellen mussten.