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Stewart Island – North West Circuit und Southern Circuit

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Von New Plymouth auf Neuseelands Nordinsel musste ich nun ganz in den Süden nach Stewart Island (oder Rakiura in der Maori-Sprache) kommen. Mittel der Wahl dazu war der Bus bzw. die Fähre. Zuerst ging es also per Bus nach Wellington. Obwohl es auf der Karte nach einem Katzensprung aussah, verbrachte ich letztlich mehr als sechs Stunden im Bus. Zu allem Überfluß kam der Bus auch noch eine Stunde zu spät, so dass ich erst gegen 21 Uhr in Neuseelands Hauptstadt ankam. Zum Glück hatte ich das Hostel bereits im Voraus gebucht. Es stellte sich allerdings als riesig und nicht sehr angenehm heraus. Immerhin lag es aber genau im Zentrum und so hatte ich es am nächsten Tag nicht weit zu allen für mich wichtigen Örtlichkeiten in der Stadt.

Die zu erledigenden Besorgungen nahmen den gesamten nächsten Tag ein, so dass ich wohl für das Sightseeing noch einmal nach Wellington zurückkehren muss. Am darauffolgenden Tag ging es früh am Morgen auf die Fähre, die mich zur Nordinsel bringen sollte. Hier traf ich auch wieder auf den Engländer Glen, den wir bereits kurz vor New Plymouth auf einem Zeltplatz getroffen hatten. So wurden es kurzweilige drei Stunden Überfahrt, was zum einen am interessanten Gespräch mit Glen lag, als auch an der schönen Insellandschaft, durch die wir fuhren.

Auf der Südinsel angekommen, hieß es wieder ab in den Bus und weiter zum Tagesziel Christchurch. In der größten Stadt der Südinsel (insgesamt Neuseelands drittgrößte Stadt) hatte ich wieder ein Hostel gebucht, bevor es am nächsten Tag weiter nach Invercargil ging. Christchurch ist zur Zeit noch sehr von den Schäden des Erdbebens vom Februar 2011 gekennzeichnet und befindet sich nach Aussagen vieler Neuseeländer im Bus in einem ziemlich tiefgreifenden Umbruch. Das war auch deutlich sichtbar. Richtig anziehend wirkte die Stadt auf mich nicht, aber ich war ja aktuell sowieso auf der Durchreise.

Invercargil war allerdings auch eher ein verschlafenes Städtchen, hatte aber immerhin einen sehr schönen, kleinen Campingplatz direkt in der Stadt und große Supermärkte, so dass der Einkauf für die bevorstehenden Tage auf Stewart Island kein Problem war. Nach mittlerweile mehr als 24 Stunden Busfahrt in den zurückliegenden Tagen war der halbstündige Trip nach Bluff (ganz im Süden der Südinsel) fast schon lächerlich kurz. Von dort ging dann endlich die Fähre nach Stewart Island!

Zuerst war es meine Idee gewesen, den Rakiura Track auf Stewart Island zu laufen, der einen der insgesamt neun sogenannten „Great Walks“ von Neuseeland darstellt. Doch dieser Weg ist mit 32 km sehr kurz und der Fährpreis von 130 NZD für Hin- und Rückfahrt stand dazu in keinem Verhältnis. Also began ich mich nach anderen Wanderwegen auf der Insel umzusehen und stieß so sowohl auf den North West Circuit als auch den Southern Circuit. Und das Beste daran: Man kann beide Wege auch noch miteinander kombinieren! Diese insgesamt ca. 180 km schienen schon eher nach meinem Geschmack zu sein. Ich buchte also die Fährrückfahrt für 12 Tage später und startete in mein Abenteuer auf Stewart Island.

Die Überfahrt auf die Insel geschah bei bestem Wetter und so konnte ich mir auf Deck des kleinen Schiffes den Wind um die Nase wehen und die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Auf der Insel angekommen, führte der erste Weg ins Nationalparkzentrum (in Neuseeland werden die Nationalparks sowie auch viele andere Gebiete vom Department of Conservation (kurz DoC) verwaltet), um mir aktuelle Wetterinfos, eine Gezeitentabelle sowie eine Broschüre des Tracks zu besorgen. Die Broschüre stellte sich in der Folge als ausreichendes Kartenmaterial heraus.

Alles beisamen, stärkte ich mich ein letztes Mal im kleinen Supermarkt von Oban, der einzigen Siedlung auf der Insel, und marschierte los in Richtung Start des North West Circuit, den ich entgegen des Uhrzeigersinns gehen wollte. Ich hatte beschlossen, mit dem längeren der beide Wege zu beginnen, um bei schlechterem Wetter oder unerwartet schwierigem Weg wenigsten einen der beiden Tracks in der zur Verfügung stehenden Zeit zu bewältigen. Immerhin regnet es auf Stewart Island im Durchschnitt an 275 Tagen im Jahr, wodurch die Wege sich in Teilen gerne mal in wahre Matschparadiese verwandeln können, was das Vorankommen dann natürlich erheblich erschwert. Doch aktuell erschien mir diese Vorstellung weit hergeholt, denn die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel.

Um zum eigentlichen Anfang des North West Circuit bei Lee Bay zu gelangen, muss man ein ganzes Ende Straße laufen. Ich hatte jedoch Glück und wurde nach ein paar Minuten von einem netten Einheimischen mitgenommen, so dass mir die Asphalttrampelei erspart blieb. Immerhin hatte ich für zwölf Tage Verpflegung im Rucksack, was diesen selbst mit ultraleichter Ausrüstung ganz schön schwer machte.

So stand ich nun am Beginn des Weges und wunderte mich ein wenig über dessen Beschaffenheit. Er war nämlich komplett geschottert. Doch zu Beginn des Weges teilt sich der North West Circuit den Weg mit dem Great Walk Rakiura Track und dieser ist, wie alle Great Walks in Neuseeland, auch auf die absoluten Wandereinsteiger ausgelegt. Somit trottete ich die ersten Kilometer auf einem breiten Schotterweg entlang, was ein durchaus ungewöhnliches Gefühl war. Von Matschlöchern war hier jedenfalls weit und breit nichts zu sehen. Dafür verlief der Weg durch sehenswerten Wald und gab immer mal wieder den Blick auf das Meer frei.

Bei dieser Wegbeschaffenheit flogen die ersten Kilometer natürlich nur so dahin und ich stand daher schon bald an der Port William Campsite. Hier legte ich eine kleine Pause ein, die eher strategischer, als notwendiger Natur war. Es hatte nämlich zu regnen begonnen. Doch das Wetter ändert sich schnell auf Stewart Island und so hörte auch der Regen so plötzlich auf, wie er gekommen war.

Hier nun trennten sich der Rakiura Track und der North West Circuit und ich bog auf letzteren ein. Sofort änderte sich damit auch die Beschaffenheit des Weges. Als wolle er unvorbereitete oder unerfahrene Wanderer abschrecken, führten die ersten Meter auf dem North West Circuit durch eine ganze Serie von aneinandergereihten Matschlöchern. Doch nach etwa 150 m war der Spuk erst einmal vorbei und der Weg normalisierte sich zu einem normalen Waldwanderweg. An einigen besonders matschigen Stellen gab es nun sogar Holzstege, die sicher über den Matsch hinwegführten.

So kam ich relativ sauber und hochzufrieden an der Bungaree Hut an. Die Hütte lag traumhaft schön am Ende eines halbmondförmigen kleinen Strandes und bot einen schönen Blick hinaus aufs Meer. Und obwohl sie Platz für 16 Leute bietet, war ich der einzige, der heute dort nächtigte. Genug Platz also, meine immer noch etwas nassen Sachen zum Trocknen auszubreiten und mir es in der Hütte gemütlich zu machen. Sogar einfache Matrazen, einen Ofen inkl. Feuerholzvorrat und eine Spüle inklusive Wasserhahn mit Anschluss an den aussenstehenden Regenwassertank gab es hier! Ich sollte in den nächsten Tagen noch lernen, dass (fast) alle Hütten auf der Insel so ausgestattet sind. Jetzt fühlte ich mich aber erstmal im Wandererhimmel. Ein Gefühl, dass sich nach dem Abendbrot noch verstärkte.

Am nächsten Tag wurde ich von einer ungewöhnlichen Helligkeit geweckt. Die über der Bucht aufgehende Sonne schien direkt in die Hütte. Der Tag begann gut! Nach dem Frühstück machte ich mich wieder auf den Weg. Ich hatte mir für heute das Ziel gesteckt, die folgende Christmas Village Hut zu überspringen und stattdessen direkt die Yankee River Hut anzusteuern. Eine Strecke von gerade einmal 23,5 km, doch die Broschüre gab dafür eine Wanderdauer von 12 Stunden an. Ich war also gewarnt, dass das Gelände offenbar nicht ganz so einfach war.

Und wirklich stellte es sich in der Folge als anspruchsvoll heraus. Denn ständig ging es in kleinere Bachtäler hinab, wo es den Bach zu überqueren galt und auf der gegenüberliegenden Seite den Weg wieder empor zu kraxeln galt. Plötzlich aber stand ich am Strand. Murray Beach war ein Traum von einem Strand! Goldgelber, fester Sand, der sehr einfach zu laufen war, und dazu türkisfarbenes Meer, das in sanften Wellen an das Ufer brandete. Und dazu Sonne und wolkenloser Himmel sowie jede Menge Wasservögel, unter denen vor allem die schwarzen Austernfischer mit roten Augen und Schnabel mein Interesse weckten. Ich musste am Ende des Strandes einfach ein Pause einlegen!

Die Pause war unbewusst gut abgepasst, denn bald danach begann es recht ausgiebig zu regnen, so dass ich schnell komplett durchfeuchtet war. Da es allerdings recht warm war, stellte das zum Glück kein Problem dar. Trotzdem steuerte ich nun doch erst einmal die Christmas Village Hut an, um dort meine Mittagspause einzulegen. Auch diese Hütte lag sehr schön an einem diesmal sehr steinigen Strand. Und auch hier war ich alleine. Nach einer Stunde Mittagspause zog ich dann doch meine Regensachen an und machte mich auf Richtung Yankee River Hut. Prompt hörte es nach einer Weile wieder auf zu regnen und ich war bald gezwungen, die Regensachen wieder auszuziehen, um bei dem dauernden Auf und Ab nicht zu überhitzen. Der Regen hatte den Track auch ganz gut aufgeweicht, so dass ich nun eine ausgiebige Kostprobe des Matsches bekam, für den die Insel so berühmt ist. Ich versuchte zwar, die Matschlöcher bestmöglich zu umgehen, doch das kostete sehr viel Zeit und war mitunter auch schlicht unmöglich.

Entsprechend dreckig kam ich an der Yankee River Hut an. Also „duschte“ ich mich erstmal im Fluß, der direkt vor der Hütte verlief. Aus der erhofften Erfrischung wurde allerdings eher ein Martyrium, denn Massen von Sandflies (kleine Stechfliegen) stürzten sich auf mich. Die Dusche wurde so unfreilig eher zur Katzenwäsche, aber die Stiche juckten noch Tage später. In der Hütte traf ich auf Julia und David aus Süddeutschland und wir verbrachten einen netten Abend zusammen. Interessant dabei war vor allem auch, wie später die hereinbrechende Flut in Wellen den Fluss hinaufkroch.

Auch am darauffolgenden Tag wollte ich eine Hütte überspringen und gleich zur East Ruggedy Hut durchlaufen. Aber obwohl es nur 18 km bis dorthin waren, veranschlagte die DoC-Broschüre wieder zehn bis elf Stunden für die Tour. Das Wetter zeigte sich heute grau in grau, aber wenigstens regnete es nicht. Also begab ich mich wieder auf den Weg, der nach der Hütte „zur Erwärmung“ gleich mal stramm einen steilen Hügel hinaufführte. Auch in der Folge ging es immer wieder auf und ab, bevor der Track zum Smoky Beach führte.

Dieser Strand war wilder, als die vorangegangenen, aber nicht minder schön. Viel Treibholz gab dem Strand ein raues Aussehen. An seinem Ende ging es wieder in den Wald hinein, von wo aus nach einiger Zeit die Long Harry Hut in Sicht kam. Diesmal lag die Hütte nicht am Strand, sondern auf einer kleinen Anhöhe, von der aus man gut die hier recht raue Küste überblicken konnte. In bewährter Tradition nutzte ich die Hütte für meine Mittagspause.

Weiter ging es zur East Ruggedy Hut. Das Gelände blieb auch hier anspruchsvoll. Nach einer Waldpassage folgte diesmal ein gänzlich anderer Strand, der voller Steine war. Zum Glück waren diese groß genug, um sie mit ein bisschen Balancegefühl, aber ohne Probleme zu entlangzuwandern. Dann ging es recht steil wieder in den Wald hinein und einen Hügel hinauf. Oben angekommen, wies ein Schild auf einen Aussichtspunkt hin. Da ich schon mal da war, nutzte ich die Gelegenheit und stattete ihm einen Besuch ab. Der kurze Weg dorthin erwies sich zwar als extrem matschig, aber die atemberaubende Aussicht auf East Ruggedy Beach, ein kleines Flussdelta sowie die umgebenden Berge entschädigte locker für die Mühen.

In genau dieses Flusstal ging es nun hinab, durch den Fluss hindurch und kurz darauf stand ich vor der East Ruggedy Hut. Dort traf ich auf Marianne aus Berlin und Daniel aus Tschechien, die auch die kommenden beiden Nächte meine Hüttengenossen sein würden. Da Marianne den Weg bereits zum sechsten Mal ging, war sie natürlich eine ausgezeichnete Quelle, um an Informationen über den weiteren Verlauf und auch über den Southern Circuit zu kommen. Doch auch der junge Daniel hatte einige Überraschungen zu bieten, denn er fischte einige Gegenstände aus seinem riesigen Rucksack, die ich hier draussen niemals erwartet hätte. Am eindrucksvollsten war dabei sicher der Elektrorasierer, den er später hingebungsvoll benutzte.

Da ich nun einen guten Eindruck vom North West Circuit gewonnen hatte, war ich mir nun sicher, ihn locker in der mir zur Verfügung stehenden Zeit zu schaffen. Also ließ ich es in der Folge langsamer angehen und übersprang nun keine Hütte mehr. Sie lagen auch alle viel zu schön! Und so ging es am nächsten Tag „nur“ zur Big Hellfire Hut, die ebenfalls eine außergewöhnliche Lage zu bieten hatten. Der Weg zu ihr führte wieder durch eine Mischung aus Wald und Strand und da das Wetter bis auf den ein oder anderen Schauer auch stand hielt, wurde es eine schöne Wanderung.

Kurz vor der Hütte trat ich aus dem Wald heraus und stand plötzlich mitten in einer Dünenlandschaft. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn ich mich nicht auf 200 m Höhe befunden hätte. Der Wind hatte hier aber über all die Zeit den Sand auch auf diese Höhe geschaufelt. Die Hütte selbst lag kurz dahinter und gewährte einen wunderschönen Ausblick auf das Einzugsgebiet des Freshwater Flusses.

Die Hütte hatte aber noch eine andere Sehenswürdigkeit zu bieten: Die große Wahrscheinlichkeit, in ihrer Umgebung den Kiwi-Vogel zu sichten. Auf Stewart Island soll es geschätzte 20.000 dieser flugunfähigen Vögel geben. Kiwis sind eigentlich nachtaktiv, aber die Stewart Island Unterart lässt sich im Unterschied zu seinen Verwanten auf Nord- und Südinsel ab und an auch mal tagsüber erspähen. Marianne erklärte mir, dass dazu vor allem der Morgen auf den Tracks der Umgebung eine gute Gelegenheit bietet. Und so stand ich schon um 6:00 Uhr auf und bewegte mich leise über die Wege.

Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis plötzlich sogar zwei braune Kiwis auf der Suche nach Nahrung über den Weg hasteten. Da die Vögel zwar einen guten Geruchs- und Gehörsinn aufweisen, aber recht schlecht sehen können und noch dazu der Wind aus ihrer Richtung kam, kamen sie bis auf ca. einen Meter an mich heran. Vielleicht waren sie aber auch nur zu beschäftigt, um ernsthaft von mir Notiz zu nehmen. Da sie ziemlich flink sind, gelang mir gerade so ein Foto, bevor sie wieder im Farndickicht verschwanden. Trotzdem kehrte ich zufrieden über meinen „Sichtungserfolg“ zur Hütte zurück.

Der Weg von der Big Hellfire Hut zur Mason Bay Hut am Ende wieder am Strand entlang, wo es allerdings eine Stelle gibt, die bei Flut nicht sicher zu überwinden ist. Da die Flutzeit mitten am Tag lag, konnten wir uns heute mit dem Wanderstart Zeit lassen, da wir ja sowieso auf den Rückgang des Wassers würden warten müssen. Und so traf ich kurz vor der erwähnten Stelle wieder auf Marianne und gemeinsam warteten wir auf die Ebbe, wobei wir die Wartezeit mit unserer Mittagspause verknüpften.

Als es dann weiterging, war es ein gemütlicher Strandspaziergang fast bis zur Mason Bay Hut. Diese Hütte verfügt als einzige auf der Insel sogar über einen Hüttenwart (in unserem Fall Claudia), da sie der Anlaufpunkt für viele Touristen ist. Dafür gibt es gleich zwei Gründe: Zum einen ist sie über ein sehr flaches Stück auch für unerfahrene Wanderer sehr gut zu erreichen und zum anderen ist die Aussicht auf eine Kiwisichtung in ihrer Umgebung ausgesprochen hoch. Sie ist daher in der Regel auch ganz gut voll, doch wir hatten Glück, denn es waren inklusive Marianne, Daniel und mir nur neun Leute in der Hütte.

Hier trennte ich mich am nächsten Tag auch von Marianne. Sie wollte zwar wie ich auch den Southern Circuit laufen, doch in der entgegengesetzten Richtung. Und so lief sie Richtung Doughboy Bay Hut und Daniel und ich liefen Richtung Freshwater Hut. Zuvor gab mir aber Claudia noch eine Führung durch das über hundert Jahre alte Farmgebäude, das nun als Unterkunft für die DoC-Leute dient. Auch stattete sie mich noch mit ein paar frischen Lebensmitteln wie Äpfeln, Möhren, Zwiebeln, Schokolade und einem Stück Käse aus. Eine willkommene Abwechslung zu meiner gewichtstechnisch bedingten Schmalkost der letzten Tage!

Die anschließenden 15 km bis zur Freshwater Hut waren wirklich sehr flach, sehr gut ausgebaut und daher in drei Stunden erledigt. Der Weg führte dabei durch ganz anderes Gelände als die Tage zuvor, denn hier herschte Sumpflandschaft vor, durch die man ausgedehnte Stege gebaut hatte. Das Wetter war ebenfalls extrem gut, denn es war mal wieder richtig warm und von Regen war keine Spur. Sehr ungewöhnlich für Stewart Island, aber mir war es recht. Wenn der Wetterbericht recht hatte, den Claudia uns am Vorabend verkündet hatte, so sollte das sogar noch ein paar Tage so weitergehen.

In der Freshwater Hut angekommen, war mal wieder Mittagspause angesagt. Danach aber verabschiedete ich mich nun auch von Daniel und nahm mit den Weg Richtung Fred’s Camp Hut nun auch den Southern Circuit in Angriff. Und der zeigte mir gleich mal, warum er seltener begangen wird, als der North West Circuit. Denn bereits kurz hinter der Hütte begann ein ausgedehntes Sumpfgebiet. Obwohl es die letzten Tage wenig bis gar nicht geregnet hatte, war der Sumpf alles andere als ausgetrocknet. Zwar gab es auch immer mal wieder trockene Passagen, doch schnell waren nicht nur meine Füsse nass. Letztlich musste ich sogar die Hose komplett ausziehen, um durch den tiefsten Wasserlauf hindurchzukommen, in dem ich bis zur Hüfte versank. Das Wasser war allerdings durch die intensive Sonneneinstrahlung so warm, dass es fast Badewannentemperatur hatte.

Nach ca. 2,5 km war der Sumpf überstanden und es ging wieder in den Wald. Der Weg führte über Stock und Stein zur wunderschön gelegenen Fred’s Camp Hut, die ich wieder einmal ganz für mich alleine hatte. Die Hütte lag direkt am Wasser und verfügte sogar über einen recht großen Anlegesteg für das Wassertaxi. Darauf machte ich es mir erst einmal bequem und genoss die langsam sinkende Sonne. Das Wetter war wirklich verblüffend. Ich hatte auf Stewart Island eigentlich mit viel Regen gerechnet, doch nun schien schon seit zwei Tagen konstant die Sonne und laut Vorhersage war auch vorerst keine Änderung zu erwarten.

So ging es auch am nächsten Tag bei bestem Sonnenschein zur Rakehua Hut. Bis dahin waren es nur 12 km und so ließ ich mir Zeit. Der Weg führte an der South West Arm Bucht entlang und da gerade Ebbe war, lief ich auch einen Teil auf den jetzt freiliegenden Steinen. Sie waren teilweise von Unmengen Muscheln übersäht. Circa 2 km vor der Hütte begann dann wieder ein sumpfiger Abschnitt, der es mir unmöglich machte, trockenen Fusses zur Hütte zu gelangen.

Die Hütte lag mitten auf einer kleinen „Waldinsel“ im Sumpf, war aber innen aufgrund weniger Fenster recht dunkel. Ich hielt meine übliche Mittagspause und beschloss dann, den nahegelegenen Mount Rakeahua zu besteigen. Direkt an der Hütte begann der Wanderweg, der mich in knapp 90 Minuten auf den Gipfel brachte. Zuerst ging es noch eine Weile durch den Sumpf bzw. Wald, bevor sich die Landschaft öffnete und tundraartig wurde. Von oben bot sich ein weiter Blick über die Insel, doch da nun ein paar Wolken aufgezogen waren, konnte man nicht ganz so weit blicken, wie ich es erhofft hatte.

Wieder unten, wartete schon Marianne in der Hütte auf mich. So verbrachten wir einen weiteren gemeinsamen Hüttenabend und tauschten Informationen über den Weg aus, bevor am nächsten Morgen wieder jeder in seine Laufrichtung aufbrach. Für mich ging es nun nach Doughboy Bay. Der Weg dorthin war trotz anfänglichem Sumpfabschnitt nicht weiter schwierig, was sicher auch am erneuten Sonnenschein lag. Unterwegs konnte ich auch einen weiteren Kiwi beobachten, der im Farnendickicht nach Nahrung suchte. Nach dem steilen Abstieg von Doughboy Hill ging es die letzten Meter zur Hütte wieder einmal am Strand entlang.

Nachdem ich meine Sachen in der Hütte abgeworfen hatte, nahm ich erst einmal ein ausgiebiges Bad in den Wellen des südlichen Ozeans. Das Wasser war erstaunlich warm, was aber vermutlich auch an der geringen Tiefe in der Bucht lag. Als ich wieder aus dem Wasser kam, wartete schon Dieter in Hütte auf mich. Er besucht Neuseeland nun schon seit 26 Jahren und kommt dabei auch fast immer nach Stewart Island. Daher kannte er die Insel (oder besser das ganze Land) wie seine Westentasche. Und so erhielt ich eine ganze Reihe Tipps für kommende Touren.

Das Wetter war immer noch unglaublich gut und so beschloss ich, am nächsten Tag einen Ruhetag einzulegen. Ich erkundete ein wenig den Strand, doch die Sonne brannte so massiv vom Himmel, dass ich mich aus Furcht vor einem ausgiebigen Sonnenbrand schnell wieder in den Schatten zurückzog. Dort warteten allerdings schon die Sandflies auf mich, so dass mir als letzter Rückzugsort nur die Hütte blieb. Auch gut, denn ich wollte sowieso seit längerem mal wieder lesen. Und so verbrachte ich einen angenehm ruhigen Tag bei guter Lektüre.

Am nächsten Tag passierte dann das, was ich eigentlich schon länger erwartet hatte: Das Wetter wurde rauer. Zwar regnete es nicht, doch es war nun deutlich kühler und wolkiger. Somit wurde aber der recht steile Anstieg hinauf auf Adams Hill wenigstens nicht zum Schweißbad. Sanft ging es von dort oben wieder hinunter zum Strand der Mason Bay, dem ich für mehr als eine Stunde zur gleichnamigen Hütte folgte. Pflichtbewusst meldete ich mich nach meiner dortigen Mittagspause auch wieder bei Claudia zurück, die mir sogleich noch ein ganzes Blatt mit Tourentipps auf den Weg gab. Anschließend lief ich wieder die mir schon bekannten 15 km zur Freshwater Hut.

Dort war diesmal richtig was los, denn eine größere Gruppe Neuseeländer wartete auf das Wassertaxi, das auch diese Hütte anfährt. Sie mussten ihre Nahrungsmittel aufbrauchen und so kamen wir drei zurückbleibenden Deutschen (ich traf hier wieder auf Marianne, sowie auf eine weitere Deutsche names Hanna) in den Genuß von Couscous mit Bohnen und Lamm. Auch das eine nette Abwechslung zu meiner bisherigen „Reisdiät“. Da es draussen recht kühl wurde, heizten wir dem Ofen richtig ein und gingen recht früh schlafen.

Dann stand die letzte Etappe an, die ich mit Marianne gemeinsam ging und die uns beide wieder zurück nach Oban und somit zur Fähre führen sollte. Das Wetter war jetzt diesig und in der Nacht hatte es wohl auch geregnet. Jedenfalls tropfte es von jedem Baum, der Matsch war auch wieder sehr präsent und die Wurzeln extrem rutschig. Da es noch dazu mal wieder recht gut auf und ab ging, war das Laufen ziemlich anstrengend. Doch letztlich kamen wir wohlbehalten an der North Arm Hut an. An dieser Hütte trifft der North West Circuit wieder auf den Rakiura Track, so dass wir nach unserer Mittagspause wieder geschotterten Weg vor uns hatten. Dieser lief sich natürlich deutlich einfacher, so dass wir schneller vorankamen. Gerade als wir auf die letzten zwei Kilometer einbogen, die entlang einer asphaltierten Straße führen, hielt sogar ein Auto und ersparte uns so auch wieder Asphaltlauferei.

In Oban angekommen, verbrachten wir unsere restliche Zeit mit Leckereien aus dem Supermarkt und ein bisschen „Touri-Beobachtungen“, bevor es auf die Fähre ging. Diese schipperte uns dann wieder bei recht ruhiger See nach Bluff, wo ich mich von Marianne verabschiedete. Sie blieb in Bluff, doch ich wollte noch weiter nach Invercargil. Der dortige Campingplatz bot mir wieder Domizil und so konnte ich in aller Ruhe mich und meine Sachen säubern.

Und so endete mein Ausflug nach Stewart Island. Unbestreitbar zählen die Tage auf dem North West Circuit und dem Southern Circuit zu den schönsten Wanderungen, die ich bisher unternommen habe. Wobei ich allerdings auch zugeben muss, dass ich riesiges Glück mit dem Wetter hatte. Aber auch wenn man nicht ganz so gutes Wetter hat, ist ein Abstecher nach Stewart Island ganz sicher eine Reise wert!

Tipps & Tricks zum Wandern auf Stewart Island

Stewart Island scheint nicht gerade ganz oben auf der ToDo-Liste vieler nach Neuseeland reisenden Wanderfreunde zu stehen. Daher hier ein paar Tipps & Tricks für alle, die dieses lohnende Ziel doch ansteuern wollen.

  • Stewart Island ist (eigentlich) ein nasses Reiseziel! Gute Regenkleidung sowie eine entsprechende mentale Einstellung sollten vorhanden sein! Bitte nicht von den Bildern und Aussagen in diesem Beitrag zu der Annahme verleiten lassen, es sei immer so warm und sonnig dort! Selbst die Einheimischen waren verblüfft über die langen Zeiträume guten Wetters, wobei ihrer Aussage nach Januar und Februar allgemein gute Reisemonate sind.
  • Viele Infos über die Wege finden sich auf der Stewart Island Webseite des Department of Conservation (DoC).
  • Insbesondere findet man hier auch Unterseiten zum North West Circuit sowie zum Southern Circuit. Achtung! Beide Wanderwege sind durchaus anspruchsvoll (insb. zum Teil knietiefer Matsch sowie Fluss- und Sumpfquerungen) und sollten nur von Wanderern mit entsprechender Erfahrung und Ausrüstung in Angriff genommen werden!
  • Die drei großen Wanderwege auf Stewart Island sind sehr gut markiert. Als Karte reicht die Doc-Broschüre durchaus aus. Sie ist ebenso wie genauere topographische Karten im DoC-Besucherzentrum in Oban erhältlich.
  • Der Great Walk Rakiura Track ist nur ergänzend zu einem oder beiden anderen Trails zu empfehlen. Er ist sehr einfach zu laufen, aber auch sehr kurz (32 km). Meiner Meinung nach lohnt sich nur für diesen Track der Anreiseaufwand inkl. der teuren Fähre nicht.
  • Als Anreiseoption steht neben der Stewart Island Fähre (Dauer der Überfahrt ca. 1 Stunde) auch ein Flug nach Oban zur Verfügung (dauert ca. 20 Minuten).
  • Die Supermärkte in Oban bzw. Bluff sind sehr klein. Besser deckt man sich bereits in den deutlich größeren und preiswerteren Supermärkten in Invercargil ein. Entlang der Wanderwege existiert keine Möglichkeit, Nahrungsmittel nachzukaufen!
  • Alle Hütten entlang des North West Circuit und des Southern Circuit kosten eine Übernachtungsgebühr (22 NZD für die beiden Great Walk Hütten Port William Hut und North Arm Hut, 5 NZD für alle anderen Hütten). Bleibt man länger in Neuseeland, empfiehlt sich vielleicht die Anschaffung eines Backcountry Hut Pass.
  • Zelten ist an den meisten Hütten auch möglich, kostet aber ebenfalls 5 NZD, sobald man auch die Einrichtungen der Hütte nutzt (z.B. zum Trocknen der nassen Sachen). Insofern kann man auch gleich in den Hütten schlafen. Entlang des Rakiura Great Walk existieren auch explizite Campingplätze, die 6 NZD pro Nacht und Person kosten. Wildes Zelten abseits der Hütten ist entlang des North West Circuit aufgrund der Topographie fast nur an den Stränden möglich (auf Gezeiten achten!). Entlang des Southern Circuit klappt es auch eher entlang des Weges, allerdings sind die Abstände zu den Hütten so kurz, dass das nur im Notfall nötig sein dürfte.
  • Es ist empfehlenswert, keine der Hütten zu überspringen, sondern in jeder davon zu übernachten. Die Hütten liegen zumeist sehr schön, so dass sich eher noch eine Erkundung der Umgebung anbietet. Auch die Abstecher auf die Berge sind bei gutem Wetter lohnenswert.

  1. Basisstation
    | Antworten

    Lieber Robert,
    ein eindrucksvoller Bericht in Länge, Inhalt und Bildern. So waren wir für kurze Zeit selbst in Urlausstimmung versetzt und fühlten uns fast vorort. Eine nette Lektüre, als Gute – Nacht- Geschichte, die uns nun zum Träumen anregt.
    Wir wünschen weiterhin viel Spaß und tolle Eindrücke.
    Deine Basisstation

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