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Bibbulmun Track: Von Collie nach Pemberton

gepostet in Geschichten, Ozeanien 8

Diese Etappe startete etwas zäh. Das Bett im Colliefields Hotel in Collie verführte zum länger darin verweilen. Als ich mich endlich daraus befreit hatte, fiel ich gleich in die nächste Falle: Das Frühstücksbuffet. Gar nichts groß besonderes, aber es war doch anziehender als die Aufgabe „Rucksack packen“. Und so brach ich erst gegen 10:30 Uhr auf.

Relativ spät, denn ich hatte mir ja 32 km bis zur Mumballup Tavern vorgenommen. Das war ausnahmsweise mal keine Shelter, sondern eine kleine Gaststätte am Wegesrand, die auch Zimmer vermietet. Dadurch war es dann auch nicht so schlimm, wenn ich dort etwas später eintreffe.

Ich hing also meinen Gedanken nach und lief durch den Wald. Dieser war übrigens mittlerweile bei weitem nicht mehr so abwechslungsreich wie noch zu Beginn der Wanderung. Er hatte sich eher etwas „standardisiert“ und bot nun einen sich wenig ändernden Anblick. Zumindest, wenn man von den immer mal wieder vorkommenden verbrannten Flächen absieht.

Und so ging es zur Yabberup Shelter, die ich gegen 15 Uhr erreichte. Im dortigen Hüttenbuch machte ich dann eine unangenehme Entdeckung. Die Mumballup Tavern war geschlossen! Also beschloß ich kurzerhand, die Nacht in der Shelter zu verbringen.

Am Morgen ging es dann von dort auf eine lange 43,2 km Etappe. Noch bevor ich zur geschlossenen Gaststätte kam, führte der Weg wieder einmal an einem Stausee vorbei – dem Glen Mervyn Dam. Ein wunderschöner Platz für eine Pause, die ich dann auf einem großen Baumstamm einlegte, der ins Wasser gefallen war.

Anschließend ging es weiter zur Taverne, die in der Tat geschlossen hatte. Vor der Tür gab es allerdings Bänke und Tische, wo ich die nächste Pause einlegte. Der folgende Wegabschnitt bis zur Noggerup Shelter war dagegen nicht so schön. Was spannend begann, denn der Weg führte mal wieder über eine alte Bahntrasse, wurde dann recht öde, da der Track entlang einer Staubstraße verlief.

Von der Noggerup Shelter bis zur Grimwade Shelter ging es dann wieder „ganz klassisch“ durch den Wald. Immer wieder hörte ich dabei die charakteristischen Hoppser der Kängurus, die erschrocken tiefer in den Wald flüchten. Sehen konnte ich sie leider nur selten, da hier das Unterholz sehr dicht war.

Kurz vor Sonnenuntergang erreichte ich dann die Shelter, die sich schnell wieder als mückenverseucht herausstellte. Als Entschädigung gab es aber statt des Sandmännchens ein beeindruckendes Vogelkonzert.

Der nächste Tag brachte gleich den nächsten Ortsaufenthalt. Diesmal in Balingup. Bis dahin waren es aber von der Grimwade Shelter aus noch 23 km. Die führten anfänglich sehr einfach durch den Wald. Je näher man dem Ort aber kam, umso hügeliger wurde es und „gipfelte“ in einem ganz schönen Brocken. Wieder unten und nun fast im Ort ging es recht malerisch an einem kleinen Bach entlang.

Mein Reiseführer führte auch einen buddhistischen Treffpunkt auf, bei dem man als Wanderer übernachten konnte und der etwas außerhalb des Ortes lag. Ich fand die Anlage auch, doch es war niemand da. So beschloss ich, erstmal meine Besorgungen im Ort zu erledigen.

Ich kam genau zur Mittagszeit nach Balingup. Es war unfassbar warm. Der kleine Laden war schnell gefunden und das Notwendige eingekauft. Dann ging ich zur Touristeninformation, die es hier auch in der kleinsten Siedlung zu geben scheint. Dort informierte mich die nette Dame, dass die Buddhisten aktuell keine Wanderer mehr aufnehmen möchten, um sich stärker auf Glaubensgenossen konzentrieren zu können. Gleichzeitig empfahl sie mir das örtliche Hostel, das sich im Gebäude der Post befindet.
Da ich keine große Auswahl hatte, willigte ich ein und trabte los. Die Besitzerin des Hostels war nicht da. Stattdessen wurde ich von Yannick begrüßt und herumgeführt. Er stellte sich als ein junger Franzose heraus, der auch Australien bereist und derzeit auf einer Obstplantage jobbt. Da er schon ganz gut im Lande herumgekommen war, gab er mir eine ganze Reihe nützlicher Tipps. Wir beide waren die einzigen Gäste im Hostel, so dass ich ziemlich freie Bettwahl hatte. Den Rest des Tages verbrachte ich dann aufgrund der Hitze mit Ausspannen. Auch mal ganz nett.

So ging es gut erholt auf das nächste Teilstück nach Donnelly River Village, das nur ca. 58 km entfernt lag. Doch der erste Abschnitt davon wartete mit einer Überraschung auf. Aufgrund eines heftigen Buschfeuers 2013 gab es eine Umleitung der Strecke. Und zwar hauptsächlich über Staubstraßen statt Wanderwege.

Nach genauerem Studium der Karte erkannte ich, dass man die Umleitung deutlich verkürzen konnte, wenn man für ca. 11 km die Hauptstraße läuft. Gesagt, getan. Die asphaltierte Straße war natürlich sehr einfach zu laufen und auch landschaftlich eine nette Abwechslung, da sie durch eine offene Hügellandschaft verlief, die neue Ausblicke ermöglichte.

Doch letztlich musste ich doch auf die Staubstraßen abbiegen. Und diese ca. 15 km waren einfach nur öde. Daher war ich froh, als die Umleitung ca. 4 km vor der Gregory Brook Hütte zu Ende war und es auf dem normalen Track weiter ging.

Der führte mich nun auch am nächsten Tag Richtung Donnelly River Village. Dabei began am Vormittag ein leichter Sprühregen, der bis zum Nachmittag anhielt. Der erste Regen auf dem Track an Tag 17 – keine schlechte Quote.

Der Ort war eigentlich gar keiner, sondern eine Ferienhaussiedlung mitten im Wald. Die Rezeption war gleichzeitig der „Dorfladen“, in dem naturgemäß die Auswahl klein und die Preise groß waren. Die eigentliche Attraktion der Siedlung waren aber die Tiere. Emus, Papageien und Kängurus bevölkerten ebenfalls den Ort und hatten mit der Zeit wohl ihre Scheu vor Menschen verloren. Was sicher auch daran lag, dass man im Laden Futter für sie kaufen konnte.
Doch der Rest des Ortes überzeugte mich nicht sonderlich. Zudem hatte ich wenig Lust, den nieseligen Tag in einem dunklen Zimmer zu verbringen und es war ja auch erst Mittag. So beschloß ich eine Änderung meiner Pläne und setzte den Weg fort.

Bis zur Tom Road Shelter waren es noch einmal 16 km. Diese führten nun langsam, aber sicher in das Land der Karri Bäume. Das sind sehr hohe, aber zumindest hier relativ schlanke Bäume, die erst recht weit oben Äste haben. So kann man ihre Größe erst richtig erkennen.

An der Shelter traf ich auf George, ein 78-jährigen Wanderer. Wir waren wohl beide froh, mal wieder jemanden zu sehen und quatschten ausgiebig miteinander, bevor wir früh zu Bett gingen.

Beavis Shelter hieß das Ziel am nächsten Tag. George stand bereits um 5 Uhr auf, doch das war mir dann wirklich ein wenig zu früh. Stattdessen schälte ich mich um 6:30 Uhr aus den synthetischen Federn und war eine Stunde später unterwegs.

Der Weg war mal wieder recht hügelig, doch eigentlich einfach. Aber auch heute gab es immer wieder Schauer, die kräftiger und länger waren. Der Regenschirm bot zwar keinen hundertprozentigen Schutz, aber doch mehr, als ich vorher gedacht hätte. Vor allem aber kam es nicht zu dem lästigen Schwitzgefühl traditioneller Regenklamotten.

An der Boarding House Shelter traf ich George wieder, der trotz seines Alters einen ausladenden Schritt hatte. Auf der Strecke von 24,2 km hatte ich nur 15 Minuten auf ihn aufgeholt. Respekt! Wir machten gemeinsam Mittag und er bewunderte meinen Regenschirm. Obwohl es jedoch erst 13:00 Uhr war, hatte er sich bereits häuslich eingerichtet.

Ich hingegen trat wieder in den Regen hinaus, um zur Beavis Shelter zu wandern. Dieser Abschnitt erwies sich als sehr hügelig und zum Teil sehr steil. Natürlich verlief der Bibbulmun Track auch immer noch im Wald. Zusammen mit dem Regen ergab das keine wirklich schöne Strecke.

An der Shelter angekommen, schlief dort bereits jemand. Obwohl ich versuchte, möglichst wenig Geräusche zu verursachen, wachte er bald auf und ich begrüßte ihn mit seinem Namen. Alf war wenig verblüfft, denn ihm war klar, dass ich den aus den Hüttenbüchern der vorangegangenen Shelter kannte. Ich wusste daher auch, dass er bereits 73 Jahre alt war, obwohl er jünger aussah.

Verblüffend für uns wurde es hingegen, als wir herausfanden, dass wir beide bereits den Appalachian Trail gewandert waren. Ich war der erste AT-Thru-Hiker, den er nach nach seinem Thru-Hike 2008 traf. So hatten wir natürlich gleich auch ein Thema für eine lange und lustige Unterhaltung. Lustig vor allem auch deshalb, weil ich noch nie jemanden getroffen habe, der so viel geflucht hat. Kaum etwas, das für Alf nicht „bloody“ war.

Am Folgetag ging es dann nach Pemberton, dass immerhin noch stolze 47,1 km entfernt war. Der erste Teil davon bis zur Beedelup Shelter war noch ein wenig hügelig, wenn auch nicht so heftig wie am Vortag. Auch regnete es vormittags noch ab und zu. Doch die zweite Hälfte war sehr eben und der Regen hörte auf.

Aufgrund der großen Distanz kam ich aber erst um 18:30 Uhr in Pemberton an. Sofort hieß das Ziel General Store, der anders als der Supermarkt gerade so noch offen hatte. Mit meinem unkonventionellem Abendbrot, bestehend aus Milch, Schokolade und meinem letzten Poptart, ging es dann zum örtlichen Hostel.

Von dort drang laute Musik und der unverkennbare Geruch bestimmter gerauchter „Kräuter“ zu mir. Beides genau das, was ich jetzt gar nicht gebrauchen konnte! Ich fragte trotzdem nach einem Bett und bekam das allerletzte verfügbare. Und erfreulicherweise befand es sich in einem anderen Gebäude, dass noch dazu genau gegenüber vom Supermarkt lag. Perfekt!

Ich trottete dort hin und stellte fest, dass mit mir im Haus noch ein besoffener Belgier, zwei nette Waliser und eine gemischt europäische Fünfergruppe Mädchen übernachteten. Der Belgier verdrückte sich zum Glück rasch und auch die Waliser zogen noch mal los.

Und so begann meine ganz private Soziologielehrstunde. Denn plötzlich kamen drei junge Kerle reingestürmt, deren Flirtabsichten sogar mir nicht entgingen. Sie ließen nicht locker und haben nach einer Stunde die Mädchen endlich dazu überreden können, doch mit auf die „Party“ beim Haupthaus zu kommen. Sofort umfing mich herrliche Ruhe, die mich kurz darauf auch gut einschlafen ließ.

Den nächsten Tag erklärte ich zu meinem ersten Ruhetag auf dem Bibbulmun Track. Also gab es erstmal ein schönes Rühreifrühstück, ergänzt durch durchaus gutes Roggenbrot mit Butter. Erneut waren es die simplen Dinge, die ein ausgedehntes Lächeln auf meinem Gesicht erscheinen ließen.

Das hielt leider nicht allzu lange an, denn Internetzugang ist in den kleinen Örtchen hier immer schwer zu finden und muss meist auch bezahlt werden. In Pemberton gab es dafür eine Art Gemeindehaus. So konnte zumindest diese Aufgabe erledigt werden. Die Wäsche hingegen war einfach, da Waschmaschine und Trockner im Hostel verfügbar waren.

Nachdem ich alles notwendige erledigt hatte, wollte ich noch ein paar Recherchen machen und ging daher am späten Nachmittag erneut zum Gemeindehaus. Als dieses um 17:00 Uhr schloss, holte auch eine Mutter ihre Kinder von dort ab. Wir kamen ins Gespräch, da sie meinen Akzent erkannte.

Jackie hieß sie und hatte gleich vier Kinder im Alter von 8 bis 13. Spontan lud sie mich zum Abendessen ein und spontan sagte ich zu. Auf dem Weg zu ihrem Haus fuhren wir noch am Bicentennial Tree vorbei. Das ist einer von drei besonders großen Karri-Bäumen, die man früher als Beobachtungstürme zur frühzeitigen Erkennung von Buschfeuern ausgebaut hat. Heute werden sie nicht mehr genutzt und jeder kann sie besteigen.

Vorausgesetzt, er oder sie traut sich. Denn die „Treppe“ nach oben bilden waagerecht in den Baum getriebene Stahlstäbe mit einem Drahtgeländer an der Seite. Die Kinder waren natürlich gleich Feuer und Flamme und begannen den Aufstieg mit der Unbekümmertheit der Jugend. Ich folgte ihnen mit einer Mischung aus Aufregung und Beklommenheit.

Der Baum verfügt über mehrere Aussichtsplattformen, von denen die erste in ca. 15 Meter Höhe war. Jackie ließ die Kinder nicht weiter hoch, doch ich stieg ganz nach oben in ca. 50 Meter Höhe. Da es der größte Baum in der Umgebung war, bot sich von oben ein weiter und erhabener Rundumblick.

Wieder unten ging es zum Haus. Wir speisten mexikanisch und unterhielten uns über viele Themen. Das war nicht ganz einfach, da permanent irgendeines der Kinder ein Anliegen hatte. Definitiv ein quirliges Haus! Als es bereits dunkel war, fuhr mich Jackie wieder ins Hostel zurück. Und so kam ich im kleinen Örtchen Pemberton, das so verschlafen wirkte, doch noch zu einem interessanten Abenteuer. Der Ruhetag hatte sich gelohnt!

8 Responses

  1. German Tourist
    | Antworten

    Nach den ganzen Hostel-Erfahrungen weiß man dann zumindest wieder, warum zelten so toll ist. Schade, dass die Buddhisten keine Wanderer mehr aufnehmen – dort hättest Du definitiv Deine Ruhe gehabt.
    Wo befindet sich denn dieser Eisenbahnwaggon? Der ist mir trotz zweimaligem Bibbulmun Track Wandern nicht in Erinnerung.

    • Robert
      | Antworten

      Der Eisenbahnwaggon ist Teil des ca. 10km langen „Pemberton Tramway“. Dieser „Zug“ fährt noch und ich hatte Glück, dass ich gerade im passenden Moment vorbeikam. Infos dazu gibt es auch unter http://www.pemtram.com.au/.

  2. Stefie&Basti
    | Antworten

    Hallo Robert, wir wünschen dir auch weiterhin schöne Erlebnisse mit interessanten Menschen und tollen Ausblicken im entfernten Australien. Viele Grüße aus Deutschland

    • Robert
      | Antworten

      Hallo Ihr beiden!

      Vielen Dank für die Wünsche! Ich hoffe, ich treffe jetzt mehr Menschen, denn der Track war doch weit weniger begangen, als ich im Vorfeld gedacht hatte.

      Viele Grüße nach Deutschland!

  3. Inge Wölke
    | Antworten

    Hallo Robert,uns beeindrucken nach wie vor Deine Interessanten Berichte. Vielen Dank . Wir wünschen auf dem weiteren Fernwanderweg alles Gute und
    es grüssen vielmals I.und H.Wölke

    • Robert
      | Antworten

      Hallo Inge, hallo Horst,

      es freut mich, dass Euch die Berichte nach wie vor gefallen! Und danke auch für die Wünsche! Gute Wünsche kann man immer gebrauchen. :-)

  4. Basisstation
    | Antworten

    Liebes Milkmonsta,
    dieser Wanderweg beschert Dir offensichtlich mehr „tierische“ Freundschaften. Absolut fotogen Deine neuen Freunde!
    Viele schöne Erlebnisse noch und tierische Begegnungen wünschen Dir V +M

    • Robert
      | Antworten

      Ja, Donelly River Village war schon ein lustiger Ort. Da es nieselte, hatten sich die meisten Menschen nach drinnen verzogen. So dominierten eben die Tiere den Ort. Und da sie auch recht zutraulich waren, konnte man ganz nette Fotos machen. Außerhalb dieses Ortes sind die Tiere leider weit weniger zutraulich, so dass sie immer schnell das Weite suchen. Somit ergeben sich meist nur Sichtungen aus größerer Entfernung.

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