In der Nacht hatte es zum ersten Mal auf dem Track geregnet. Allerdings nicht sehr viel und nicht sehr lange. Und ich schlief ja in meinem Zimmer auf dem Campingplatz in Dwellingup. Als ich morgens aufstand, schien bereits wieder die Sonne. Also packte ich meine sieben Sachen (viel mehr hat man ja als Langstreckenwanderer wirklich nicht dabei) und machte mich auf den Weg nach Collie, das ungefähr 130 km von Dwellingup entfernt ist. Ich war gespannt, ob ich die Strecke wirklich wie geplant in vier Tagen würde zurücklegen können.
Der Start begann verheißungsvoll. Es war nicht sehr heiß und der Weg war zwar nicht übermäßig breit, aber einfach zu laufen. So lief ich die ca. 13 km bis zur ersten Shelter Swamp Oak einfach ohne Pause durch. Dort füllte ich meine Wasservorräte wieder auf und aß ein paar Snacks. Dann ging es weiter zur 19 km entfernten Murray Shelter.
Der Weg wurde anspruchsvoller, denn nach einer ebenen Einstimmung ging es sehr steil in ein Tal hinab. Und auf der anderen Seite gleich wieder rauf. Der Pfad war dabei so schmal, dass mein Sonnenschirm dauernd an den vielen Sträuchern rechts und links des Weges hängen blieb. Ich packte ihn weg, was mich nun aber der Sonne aussetzte.
Entsprechend schweißnass kam ich oben an. Doch wie um sich zu entschuldigen, führte der Bibbulmun Track nun komplett eben auf einer breiten Forststraße weiter. Die Entschuldigung war aber wohl offenbar irgendwann abgegolten, denn es tauchten neue Hügel auf. Plötzlich kam ein breiter, träge dahinfließender Fluss in Sicht. Der erste, der mir auf dem Track begegnete.
Die Szenerie war wunderschön, wenn man mal von den nahen Straßengeräuschen von der anderen Flussseite absah. Ein perfekter Platz für eine Shelter! Allein, sie war nicht da. Stattdessen führte der Weg etwas entfernt vom Ufer immer auf und ab. Bis er letztlich an einer noch besseren Stelle auf die Murray Shelter traf, die etwas oberhalb des Flusses thronte. Ein mindestens ebenso guter Ort!
In der Shelter hatte es sich bereits ein anderer, etwas älterer Wanderer bequem gemacht. John aus der Nähe von Perth, wie ich bald darauf erfuhr. Doch mich zog es mehr zum Fluss, in dem ich erstmal ein ausgiebiges Bad nahm und meine Wäsche wusch.
Beim Abendessen kamen John und ich dann doch noch ins Gespräch. Thema war dabei die Finanzkrise und deren Auslöser. Doch schwere Themen und schwere Beine fordern irgendwann ihren Tribut und so zogen wir uns schnell in die Schlafsäcke zurück.
Da an Tag zehn knapp 40 km vor mir lagen, wollte ich früh starten und stellte mir daher den Wecker auf 6:00 Uhr. Die Nacht war allerdings recht kühl, so dass ich bereits früher wach war und bis zum Klingeln noch etwas döste. Nach den Morgenaktivitäten und einem kleinen Plausch mit John war ich dann 7:15 Uhr auf dem Track.
Der erste Teil bis zur Shelter Dookanelly war leider nicht gut gepflegt, so dass ich mich immer mal wieder durch Gesträuch kämpfen musste. An der Shelter verputzte ich meinen Mittagskäse und trank mich satt. Dann ging es weiter Richtung Tagesziel Possum Springs Shelter.
Doch schon kurz hinter der Dookanelly Shelter bekam der Bibbulmun Track plötzlich „Schluckauf“. Ständig ging es hoch und runter und zwar zum Teil ganz schön knackig. Zwar waren die Hügel meist nicht sehr hoch, aber einige Anstiege doch sehr steil. Das Ganze wurde noch durch erbsengroßen Kies („pea gravel“) erschwert, der hier häufig den Trailuntergrund bildet. Darauf rutscht man bei Auf- oder Abstiegen gerne mal weg.
Das letzte Drittel des Weges war dann wieder flach, wobei es auch über eine hölzerne Brücke ging. Die hatte zwar auch schon bessere Tage gesehen, trug mich aber problemlos.
Die Possum Springs Shelter hingegen war der reinste Terror! Fliegen in allen Größen, darunter auch beißende, und ihre bösen Cousins – Mücken! So schnell ich konnte, baute ich mein Mückennetz in der Shelter auf und verkroch mich darin. Da ich zum Kochen, Abwaschen, Wasser filtern etc. wieder raus musste, haben mich dann doch einige erwischt. Mücken und ich werden wohl nie Freunde. Immerhin gab es heute auf dem Weg keine Zecken. Ist doch auch was!
Der nächste Tag von Possum Springs bis zur Harris Dam Shelter hielt dann entspannte 33,6 km bereit. Der Weg war nach ein paar anfänglichen Hügelchen größtenteils flach und einfach zu laufen. Allerdings war es recht warm, weshalb mein „mobiler Schatten“ wieder zum Einsatz kam. Sonst passierte nichts. Ich bewege mich hier offenbar im „wandererleeren“ Raum, denn sowohl tagsüber als auch nachts in den Sheltern bin ich so gut wie immer alleine. John war da schon eine große Ausnahme.
Doch zumindest in Collie sollte ich ja wohl auf Menschen treffen! Und der Ort stand am nächsten Tag an. Schnell sah und hörte man auch die vermehrten Anzeichen für nahe Zivilisation, denn die Straßenüberquerungen nahmen nun zu. Auch ein Eisenbahngleis galt es zu überwinden.
Gegen Mittag stand ich dann vor der örtlichen Touristeninformation. Die diensthabende Angestellte war offenbar hoch erfreut, dass sie etwas zu tun bekam und versorgte mich reichlich mit allen gewünschten Informationen. Darunter auch die Empfehlung für das Colliefields Hotel, das in meinem Reiseführer gar nicht aufgeführt war.
Ich gab ihm nach dem Plädoyer der Dame von der Touristeninformation trotzdem eine Chance und das war eine gute Entscheidung. Eine nette Inhaberin, ein sauberer Raum, eine warme Dusche, Internet und Waschmaschine sowie als Höhepunkt ein einfaches Frühstücksbuffet – was will man mehr?
Collie selbst dagegen war zwar nicht sonderlich aufregend, aber gut gepflegt und bot auch sonst alles, was man als Langstreckenwanderer so braucht. Somit konnte ich ausgeruht und gestärkt der nächsten Etappe nach Pemberton entgegen sehen.
Basisstation
Hallo Milkmonsta,
ja, ja, was haben wir gesagt, pass schön auf die kleinen und großen Tierchen auf! Nun ärgern Dich also Deine „Freunde“ die Mücken sogar in der Fremde! Was ist mit dem armen Kängeruh passiert, schläft es und ruht sich aus oder ist es eines natürlichen Todes gestorben ;-) ? Eine Aufgabe für Dich, um es herauszufinden.
Viel Spaß noch dem einsamen Wanderer! Liebe Grüße V+M
Robert
Die Mücken sind wirklich nervig! Aber offenbar gehören die in allen Teilen der Welt zur Standardausstattung. Das Känguru allerdings ist leider tod. Das Bild transportiert zum Glück den Geruch nicht, aber der bestätigte das ohne Zweifel. Ich vermute übrigens wirklich, dass es eines natürlichen Todes gestorben ist, denn es gab keine Anzeichen von Verletzungen. :-)
Daydreamer
Hallo Milkmonsta, schon wieder auf Tour?
Wie machst du das Beruflich und Familie?
Schöne Grüße
Robert
Hallo Daydreamer,
ja, schon wieder auf Tour. :-) Ich habe mir ein Jahr Auszeit vom Job genommen und Familie gibt es aktuell noch nicht. Insofern muss man die Zeit doch nutzen, oder? ;-)
Viele Grüße zurück