Startseite » Geschichten » Geschichten » Ein Streifzug über Neuseelands Nordinsel

Ein Streifzug über Neuseelands Nordinsel

gepostet in Geschichten, Ozeanien 4

Nachdem ich bereits so viel Zeit auf Neuseelands Südinsel verbracht habe, bleiben mir nur noch knapp drei Wochen, um auch noch ein wenig die Nordinsel zu erkunden. Zwar habe ich bereits etwas mehr als eine Woche auf ihr verbracht, aber es gibt noch viele Ecken und Dinge, die ich mir anschauen wollte. Gleichzeitig hatte ich vor, mein Reisetempo etwas zu verringern, denn so langsam hatte mein Gehirn Mühe, all die Eindrücke zu verarbeiten.

Daher suchte ich mir eher punktuell Attraktionen raus, statt groß angelegte Wanderungen zum Ziel zu erklären. Und den Anfang machte eine, für die bei meinem ersten Besuch in Wellington leider keine Zeit gewesen war – das Te Papa Nationalmuseum von Neuseeland. Dieses kostenlose Museum befindet sich in der Innenstadt von Wellington und beherbergt gleich eine ganze Bandbreite an Ausstellungen rund um Neuseeland und seine Geschichte. Angefangen von Tieren, Pflanzen und Landschaften, über die Geschichte der Besiedlung durch Maori und Europäer bis hin zu einem Erdbebensimulator. Heimlicher Star des Museum ist der weltweit einzige Koloss-Kalmar, der für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Obwohl ich während der gesamten Öffnungszeit im Museum war (inklusive einer beeindruckenden einstündigen Führung), habe ich es gerade einmal geschafft, zumindest einmal meinen Kopf in alle Ausstellungsbereiche zu stecken. Viele Teile des Museums bieten auch Interaktionsmöglichkeiten an, die zum Spielen und Erkunden einladen. So kann man sich z.B. an einem Computer an der Eroberung der pazifischen Inseln durch die Polynesier versuchen, in dem man die damals verfügbaren Navigationsmöglichkeiten (z.B. Walmigrationsrouten oder Sternbildern) geschickt einsetzt. Nach acht Stunden brummte mir (auf eine angenehme Art) einigermaßen der Schädel, doch ich hatte auch viel erfahren und gelernt. Eine eindeutige Empfehlung bei einem Besuch in Wellington!

Durch einen Flyer in der Touristeninformation wurde ich auf ein gerade stattfindendes Heißluftballonfestival in Wairarapa aufmerksam. Da sich dieses Gebiet ganz in der Nähe von Wellington befindet, stieg ich in den Vorortzug und fuhr nach Masterton. Leider spielte das Wetter nicht ganz mit, so dass die morgendlichen Wettbewerbsflüge ausfallen mussten. So vertrieb ich mir die Zeit in einem kleinen, aber feinen Museum, das Flugzeuge aus dem 1.Weltkrieg ausstellte.

Zum Glück und zur Freude der vielen Zuschauer konnte das am Abend geplante Ballonglühen doch noch stattfinden. Dabei werden die Heißluftballons auf dem Boden aufgestellt und führen nach Einbruch der Dunkelheit eine kleine Choreographie auf, indem sie zu passender Musik immer mal wieder ihre Brenner „erglühen“ lassen. Ein wirklich eindrucksvolles Spektakel, auch wenn aufgrund der Witterung leider nicht alle Ballons mitmachen konnten. (Vergleichbare Veranstaltungen gibt es übrigens auch in Deutschland.) Da störte dann auch der einsetzende Nieselregen nicht weiter.

Etwas weiter nördlich von Masterton liegt Palmerston North, dass die meisten Touristen auf ihrem Weg nach Wellington oder Auckland sicher links liegen lassen. Doch ich wollte mir dort das nationale Rugby Museum ansehen, denn immerhin ist das nicht nur Neuseelands Nationalsport, sondern auch so tief im Bewusstsein der Neuseeländer verankert, dass man Referenzen an das aufgrund der Trikots „All Blacks“ genannte Nationalteam überall sieht. Doch mein Rugby-Verständnis ist leider nicht so ausgeprägt, so dass mich das Museum nur mäßig mitriss.

Als nächstes stand die einzige Wanderung auf dem Programm, die ich auf der Nordinsel absolvieren wollte – der zu den Great Walks zählende Tongariro Northern Circuit in der Vulkanlandschaft des Tongariro National Park. Doch ein gerade im Pazifik wütender Wirbelsturm brachte regnerisches Wetter auch nach Neuseeland und so schob ich die Wanderung in der Hoffnung auf besseres Wetter noch ein wenig auf.

Stattdessen trampte ich nach Taupo (Fahren per Anhalter funktioniert auch auf der Nordinsel sehr gut) und schaute mich dort um. Ich lieh mir ein Fahrrad im Hostel und fuhr zuerst einmal zu einer heißen Quelle in der Umgebung. Genüßlich ließ ich mich in das warme Wasser gleiten. Da störte auch der leichte Schwefelgeruch nicht weiter. Etwas später stieß noch eine israelische Familie und ein spanisches Pärchen hinzu. Wir kamen ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass die Spanier auch zum Tongariro National Park wollten. Schnell war eine Mitfahrgelegenheit vereinbart.

Doch vorher hatte ich noch genügend Zeit, zwei weitere Sehenswürdigkeiten in der Umgebung zu besichtigen. Zuerst ging es über einen anstrengenden Mountainbike Pfad zu den Huka Falls, einem breiten Wasserfall des Waikato River. Beeindruckend viele und beeindruckend blaue Wassermassen ergossen sich hier die Kaskaden hinab. Anschließend fuhr ich zu den nahegelegenden „Craters of the Moon“ – eine Landschaft voller geothermaler Aktivität. Zwar ist es für einen Vergleich mit dem Mond verblüffend grün, doch die vielen kleinen „Krater“ mit ihren blubbernden Schlammpfützen und ihren Dampfsäulen aus schwefelhaltigem Wasser ist schon interessant.

Zurück in Taupo gab ich das Fahrrad wieder ab und stieg ich in das Auto der Spanier. Das Wetter hatte sich deutlich gebessert und daher freuten wir uns alle drei auf eine schöne Wanderung im Tongariro-Gebiet. Die beiden Spanier wollten das berühmte Tongariro Alpine Crossing absolvieren, doch ich hatte mir die ganze Runde des Tongariro Northern Circuit vorgenommen. Praktisch, dass darin auch der beste Teil des Crossing enthalten war. Praktisch auch, dass ich so dem größten Teil des Massenansturms entging, denn die bis zu tausend Tageswanderer auf dem Crossing starten ein paar Kilometer weiter „vorne“ als die Wanderer auf dem Circuit.

Und so war ich den ersten Teil des Weges ganz alleine. Der Weg vom Startort Whakapapa Villiage zur Mangatepopo Hütte war entsprach erfreulicherweise nicht den Standardschotterpisten der meisten Great Walks, sondern war ein klassischer Wildnispfad. Noch besser, er führte nur durch Buschland, aber nicht durch Wald, so dass man einen schönen Rundblick genießen konnte. An der Mangatepopo Hütte war ich ganz alleine und legte meine Mittagspause ein. Ich begann schon, die Heerscharen von Tageswanderern für ein Märchen zu halten, wurde im folgenden Abschnitt eines besseren belehrt.

An der Mangatepopo Hütte beginnt das Alpine Crossing und nachdem ich die Hütte verlassen hatte, begegnete ich trotz fortgeschrittener Tageszeit immer mehr Wanderern. Der Weg führte durch eine sehr interessante und verblüffend abwechslungsreiche Vulkanlandschaft. Dominierender Blickfang war der fast perfekte Vulkankegel des Ngauruhoe (ausgesprochen ungefähr „Na-uru-ho-ä“ mit Betonung auf jeden Vokal), der einige Berühmtheit durch seine Rolle als Schicksalsberg in der Verfilmung des Buches „Der Herr der Ringe“ erlangt hat.

Genau diese Rolle dürfte für viele Tageswanderer auch die Motivation gewesen sein, während der Durchwanderung des Tongariro Alpine Crossings auch seinen Gipfel zu besteigen. Vulkanbesteigungen sind allerdings eine sehr anstrengende Sache – eine Erfahrung, die ich schon bei der Besteigung von Mount Taranaki machen durfte. Dementsprechend erschöpft waren viele der Wanderer, von denen viele offenbar auch nicht gerade häufig Wanderungen unternehmen. Da der Pfad beim Aufstieg zum Red Crater aber nicht sehr breit ist und dort sehr viele Leute unterwegs waren, wurde ich doch sehr abgebremst.

Letztlich war ich aber doch oben und genoß einen überwältigenden Ausblick nicht nur auf die Vulkane, sondern auch auf die kleinen und sehr grünen Emerald Lakes. Deren stark schwefelhaltiger Geruch bewegte mich jedoch schnell zum Weitergehen. Während die Wanderer des Alpine Crossing nun weiter Richtung Parkplatz trotteten, bog ich in Richtung Oturere Hütte ab. Es folgte der vielleicht beste Teil der Wanderung. In der fast schon wüstenartigen Landschaft „standen“ Unmengen von Lavabrocken in allen möglichen Größen. Hier sah es schon deutlich eher so aus, wie ich es mir auf dem Mond vorstellen würde!

Auch der Weg von der Otuere Hütte zu meinem Tagesziel Waihohonu Hütte war durchaus interessant. An der Hütte angekommen, buchte ich meinen Campingplatz in einen Hüttenplatz um, denn die Nacht versprach kalt zu werden. Eine gute Entscheidung, denn am Morgen waren Boden und Hütte mit dickem Reif überzogen. Der letzte Trailabschnitt zurück nach Whakapapa Village war leider nicht so spektakulär, was sicher auch am nun wieder geschotterten Weg lag. Trotzdem war die Wanderung auf dem Tongariro Northern Circuit ganz sicher eines der Highlights meines Besuches in Neuseeland, denn die Landschaft ist wirklich einmalig.

Beschwingt von den tollen Erlebnissen machte ich mich auf zu meinem nächsten Ziel – der Kleinstadt Ngaruawahia nördlich von Hamilton. Dort fand nämlich ein ganz besonderes Ereignis statt: Eine Regatta von traditionellen Maori Kriegskanus (Waka genannt). Ich hatte Glück und wurde von einer Maori mitgenommen, die genau aus dieser Stadt kam. Sie erzählte mir nicht nur eine Menge darüber, sondern fuhr mich auch genau dort hin. Perfekt!

Die Regatta stellte sich dann eher als eine Art Volksfest heraus, denn es gab jede Menge Ausstellerstände, Bands, kulturelle Darbietungen, Kinderattraktionen und auch einen Holzfällerwettbewerb in diversen Disziplinen, von dem ich besonders fasziniert war. Ich verbrachte viel Zeit damit, den Frauen und Männern beim Spalten und Sägen zuzusehen. Unbestrittener Höhepunkt der Regatta waren aber die zwei Salutfahrten der Wakas! Es war beeindruckend zu sehen, mit welcher Präzision und Geschmeidigkeit es die Paddler vermochten, die großen Kanus zu steuern. Ein sehr gelungener Tag!

Es folgte nun die vielleicht größte Enttäuschung meiner Reise durch Neuseeland – ein Besuch auf dem Hobbiton Filmset, auf dem die Auenland-Szenen zu sowohl den „Herr der Ringe„- als auch den „Hobbit„-Filmen gedreht wurden. Das Set befindet sich auf einer Farm in der Nähe der Kleinstadt Matamata und kann leider nur im Rahmen einer Tour besucht werden. Diese Tour ist dann auch der frustrierende Faktor gewesen, denn das Set ist wirklich sehr schön und lädt zum Erkunden und Verweilen ein.

Doch genau das ist während der Tour leider überhaupt nicht möglich. Stattdessen wird man im wahrsten Sinne des Wortes durchgeschleust. Ständig trieb uns die Tourleiterin weiter, während vielleicht gerade mal ein Viertel der ca. 45 Tourteilnehmer Fotos vor Gebäuden gemacht hatte. Hinzu kam, dass sie sehr schnell sprach und so die vielen internationalen Touristen mit schlechterem Englisch außen vor waren. Schnell machte sich nicht nur bei mir Frust breit. Die Gebäude selber kann man bis auf eine Ausnahme auch nicht besichtigen, denn sie sind innen schlicht nicht ausgebaut. Die eine Ausnahme ist da auch keine rühmliche, denn sie diente als schmuddeliger Lagerplatz für Regenschirme. Zum Ende der Tour gab es dann zwar noch ein kostenloses Getränk, doch das konnte mich auch nicht mehr versöhnen. Denn wer kommt dafür schon nach Hobbingen? Sehr schade, denn die großartige Szenerie wird durch die vollkommende Kommerzialisierung stark getrübt.

Es konnte nur besser werden und das wurde es auch. Denn mein nächstes Ziel hieß Te Puke an der Ostküste, an dem ich endlich auch mal Kiwis sehen wollte – und zwar die Früchte. Gelegenheit dazu gab mir die Farm von Kiwi 360, die neben dem Anbau von Kiwis auch Touren auf der Farm anbieten. Die Tour war zwar mit 45 Minuten recht kurz, aber sehr informativ. Zu meiner Überraschung wurden auf der Farm auch noch diverse andere Dinge angebaut und so sah ich z.B. auch Bäume von Avocados, Macadamia-Nüssen, Orangen- und Mandarinen sowie Feijoa (eine Guavenart). Letztere durften wir sogar verkosten – lecker!

Von Te Puku ging es weiter nach Rotorua. Die Stadt ist für ihre ausgeprägte geothermale Aktivität bekannt. Vor allem den Stadtpark kann man durchaus als skurril bezeichnen. Neben den üblichen Grasflächen finden sich plötzlich Zäune, die die Besucher davon abhalten, in dampfende heiße Quellen oder ein blubberndes Matschloch zu stürzen. Leider hat dieses an sich faszinierende Schauspiel aufgrund der schwefelhaltigen Dämpfe auch eine im wahrsten Sinne des Wortes „atemberaubende“ Nebenwirkung.

Trotzdem verbrachte ich einige Tage in Rotorua. Hauptsächlich, um ein wenig zu entspannen und auch das Cricket-WM-Halbfinale zwischen Südafrika und Neuseeland zu schauen. Erneut wurde es ein Fotofinish, das letztlich Neuseeland für sich entscheiden konnte. Da im Hostel auch ein Reihe Inder abgestiegen waren, lernte ich gleich noch weitere Feinheiten des Spieles dazu, die mir bis dahin unbekannt waren. Da das Spiel aber ingesamt neun Stunden (!) dauerte, war ich danach eindeutig reif für’s Bett.

Und dann brach er an: Der letzte Tag in Neuseeland (zumindest vorerst). Ich war mittlerweile nach Auckland gefahren und wollte nun auch noch etwas von der Stadt sehen. Also buchte ich eine Bustour. Aber entweder gibt es in Auckland nicht wirklich viel zu sehen (wie in so vielen Großstädten rund um den Globus) oder ich hatte einfach einen schlechten Busfahrer erwischt. Er fuhr jedenfalls eine seltsame Runde, auf der ich nicht viel Sehenswertes erspähte. Und dann war es auch schon Zeit für die Fahrt zum Flughafen.

So endet also mein dreimonatiger Ausflug in das Land der Kiwis. Es war eine sehr interessante Zeit mit vielen spannenden Eindrücken und einer imposanten Natur. Und auch wenn es buchstäblich am anderen Ende der Welt liegt, so bin ich mir doch recht sicher, dass ich nicht zum letzten Mal hier gewesen bin!

4 Responses

  1. German Tourist
    | Antworten

    Das Tongariro Crossing war für mich eines der frustrierendsten Erlebnisse in NZ. Die Menschenmassen sind einfach nur noch abschreckend, so spektakulär die Landschaft auch ist. Glücklicherweise hast Du durch die ganze Runde ja einen etwas besseren Eindruck bekommen. Ansonsten ist das ganze nämlich nur eine einzige riesige Touristenfalle.

    • Robert
      | Antworten

      Das Tongariro Alpine Crossing alleine würde ich auch versuchen, auf alle Fälle zu vermeiden. Der Tongariro Northern Circuit ist allerdings durchaus gut machbar, ohne dass man in die „Touristenwalze“ gerät. Der Trick ist, nicht allzu früh im Whakapapa Village zu starten (ich bin gegen 9:00 Uhr los). Dann trifft man auf die Crossing Route, wenn die meisten Leute schon lange durch sind. Zwar trifft man dann immer noch genügend Wanderer, aber eben nicht die Massen. Dann fand ich es eigentlich auch ganz erträglich. Ich möchte mir allerdings auch gar nicht vorstellen, wie es morgens um 7:00 Uhr am Start des Crossings zugeht.

  2. Mary Ellen Morris
    | Antworten

    Robert, Thanks for sharing your New Zealand adventures and photos – a beautiful country with lots of variety. It’s too bad the weather was not better for the balloon festival, they are awesome when you can be there for a mass launching. I saw one in Albuquerque New Mexico (the bigest in the US) and over 500 went up at dawn on the 1st day of the festival – a spectacular site! Seeing the cricket world cup match must have been cool, I can’t say I understand that game at all! Good luck with whatever you do next! Best, Mary Ellen

    • Robert
      | Antworten

      Well, who outside of the Commonwealth Countries can say they understand Cricket? ;-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert